Freising – Zu seinem Geburtstag an diesem Donnerstag hat Rodolphe Haimann nur einen Wunsch: „Dass der Aufzug endlich wieder funktioniert.“ Der 58-jährige Freisinger sitzt im Rollstuhl, seine Wohnung in der Altstadt liegt im zweiten Stock. Doch der dringend benötigte Fahrstuhl ist seit dem 11. April kaputt. „Seitdem bin ich eingesperrt.“
Als Haimann den Defekt vor knapp drei Wochen feststellte, ahnte er noch nicht, was für eine einsame Zeit ihm bevorstehen würde. „Ein Defekt kommt häufiger vor. Normal ist der schnell behoben.“ Diesmal ist es anders: Die Hausverwaltung Haslberger beauftragte die Firma Vestner Aufzüge, die den Fahrstuhl vor Jahrzehnten eingebaut hatte. „Zwei Termine waren nötig, um festzustellen, dass ein Ersatzteil organisiert werden muss“, berichtet Haimann. Eine Woche habe es gedauert, um es zu beschaffen. „Doch dann kam Ostern. Da passierte natürlich überhaupt nichts mehr.“ Haimann sei auf den vergangenen Donnerstag vertröstet worden. „Aber da war plötzlich der Monteur krank – als ob eine Weltfirma nur über einen verfügen würde.“ Anrufe und E-Mails seien ergebnislos geblieben. „Zuletzt hieß es nur, dass die Reparatur jetzt für diesen Donnerstag geplant sei.“
Der Freisinger wartet weiter. „Es ist nervenaufreibend.“ In den knapp drei Wochen hat er seine Wohnung mit der Hilfe des Roten Kreuzes nur drei Mal verlassen. „Da hatte ich Freigang“, sagt Haimann und lacht. „Ich versuche, mich mit Galgenhumor über Wasser zu halten. Aber eigentlich ist mir viel eher zum Heulen.“
Sein Glück waren die Osterferien. Zwei von den drei Wochen ohne Aufzug hatte der Lehrer für Klavier und Komposition am Camerloher-Gymnasium in Freising ohnehin frei. „Sonst hätte ich das BRK jeden Tag anrufen müssen. Doch die Einsatzkräfte haben ja auch Wichtigeres zu tun.“ Einkäufe und Besorgungen erledigen Freunde für ihn. Was jedoch besonders schmerzt: Seine Frau hat Rodolphe Haimann seit drei Wochen nicht gesehen. „Weil sie gehbehindert ist, verbringt sie die Zeit in unserer Zweitwohnung in München“, sagt Haimann. „Besuche sind unmöglich.“ Seine Stimme klingt bitter.
„Das, was die Firma Vestner hier macht, geht schlicht nicht“, sagt Sabine Gries von der Hausverwaltung Haslberger. Von Anfang an sei bekannt gewesen, dass es sich um einen Notfall handele, weil ein Rollstuhlfahrer auf den Aufzug zwingend angewiesen ist. Der Druck, den die Hausverwaltung auf die Aufzugfirma in den vergangenen Wochen ausgeübt hatte, habe offenbar nichts bewirkt. „Das ist ein Armutszeugnis“, sagt Gries. Mehrfach habe sie versucht, mit den zuständigen Sachbearbeitern Kontakt aufzunehmen – vergeblich. „Ich glaube mittlerweile, dass meine Nummer geblockt wurde.“ Vestner Aufzüge war am Montag für eine Stellungnahme nicht erreichbar.
Rodolphe Haimann bleibt nur darauf zu hoffen, dass der für Donnerstag angekündigte Termin eingehalten wird – damit er seinen Geburtstag nicht auch noch einsam in seiner Wohnung verbringen muss. MAGDALENA HÖCHERL