Kein Geld für die Autofahrt zur Schule

von Redaktion

Fürstenfeldbruck/Kösching – Schulwegkosten werden eigentlich vom Staat erstattet, zumindest in der Höhe einer Fahrkarte für den Öffentlichen Nah-Verkehr. Holger B. (Name geändert) wählte im Schuljahr 2015/2016 aber den eigenen Pkw als Transportmittel, um schneller von Kösching (Landkreis Eichstätt) nach Fürstenfeldbruck zu kommen. Das Landratsamt verweigerte ihm jedoch die Erstattung der Fahrkosten zwischen 6000 und 8000 Euro. Dagegen erhob er Klage vor dem Verwaltungsgericht München, erfolglos: Mit der Bahn hätte er zwar deutlich länger gebraucht – aber nicht lange genug.

Der 21-Jährige Wirtschaftsstudent wusste schon früh, was er wollte. Schule fand er doof, Autos faszinierten ihn. In der 10. Klasse verließ er das Gymnasium, begann eine duale Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker bei BMW in München. Er besuchte die Berufsschule und später auch eine mit BMW kooperierende Fachoberschule (FOS), die es nur in Fürstenfeldbruck gibt. Er strebte einen Super-Abschluss an, um ein Stipendium an der renommierten University of Oxford in England zu ergattern.

Deshalb büffelte er monatelang für sein Abitur, schlief nachts nur fünf Stunden. Für seinen Schulweg wollte er möglichst wenig Zeit vergeuden und wählte für die 100 Kilometer lange Strecke das eigene Auto als Transportmittel. „Es gab für diese spezielle Mechatroniker-Ausbildung keine andere Möglichkeit“, erklärte Holger B. In der Brucker Schule durfte er sogar auf dem Lehrerparkplatz parken.

Im Frühjahr 2016 schaffte er ein Spitzen-Abi mit einem Schnitt von 0,8. Er ergatterte ein Stipendium und erfüllte sich den Traum vom Studium im Ausland. Doch das Landratsamt Eichstätt winkte bei der Kostenerstattung ab und berief sich auf eine Regelung, die stets zugrunde gelegt wird: Demnach muss dreimal pro Woche die einfache Fahrtzeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln zwei Stunden überschreiten, um die Fahrtkosten mit dem Auto erstattet zu bekommen.

Nach der Rechnung von Holger B. war das leicht der Fall gewesen, beim Landratsamt fehlten täglich zwischen neun und 16 Minuten zur Erfüllung der Zwei-Stunden-Regelung, die nach aktueller Rechtssprechung als zumutbar gilt. „Das macht doch keinen Sinn“, ärgerte sich der Student. „Ich hätte um 5.30 Uhr losfahren müssen.“ Erst am frühen Abend wäre er wieder zu Hause gewesen.

Im Prozess wurde schließlich um Minuten gefeilscht. Das Gericht hielt auch eine Abfahrtszeit um 6.15 Uhr aus Ingolstadt noch für ausreichend. Der junge Mann ging von einer zusätzlichen Fahrzeit mit der Bahn von mindestens zwei Stunden pro Tag aus. Für das Gericht wäre diese Zeit keine vertane gewesen, hätte Holger B. doch im Zug auch lernen können, argumentierten die Richter während der Verhandlung. „Vor dem Abitur hat man wirklich viel zu lernen“, hielt Anwältin Traute Ehlerding dagegen, „und zwar nicht stehend im Zug.“ Das Gericht folgte ihrer Argumentation nicht. Holger B. machte sich nach der Verhandlung direkt auf den Weg zurück nach England. ANGELA WALSER

Artikel 1 von 11