München – Manuel Philipp schaut leidenschaftlich gerne durch sein Teleskop. Doch dabei auch den Sternenhimmel zu sehen zu bekommen, ist für den Astronomie-Begeisterten aus Rimsting im Landkreis Rosenheim immer schwieriger geworden. „Die Nacht wird immer heller“, sagt Philipp. Und das ist nicht nur ein Problem für all diejenigen, die gerne einen klaren Sternenhimmel sehen wollen. Sondern auch für die Umwelt. Denn die sogenannte Lichtverschmutzung macht besonders Insekten und Vögeln zu schaffen.
150 Billionen Insekten sterben jährlich allein an deutschen Straßenlaternen, wie Forscher der Uni Mainz hochgerechnet haben. Die Straßenleuchten wirken auf die Natur wie ein Staubsauger. Sie ziehen die für die Bestäubung und als Nahrungsmittel für Vögel benötigten Insekten an, die die Lampen mit dem Mond verwechseln. Dann schwirren sie so lange um das künstliche Licht, bis sie erschöpft zu Boden fallen. Und auch wenn es wenig belastbare Zahlen gibt, so sind sich Forscher doch einig, dass die Lichtverschmutzung ihren Anteil am Artensterben hat. Auch deshalb haben die Initiatoren des Volksbegehrens zur Artenvielfalt die Forderung aufgestellt, die Lichtverschmutzung zu reduzieren.
Manuel Philipp, Initiator des Sternenparks Winklmoosalm im Landkreis Traunstein, hat sich intensiv mit dem Thema befasst, er hält Vorträge über die Lichtverschmutzung und darüber, was jeder dagegen tun kann. Der größte Dorn im Auge ist ihm die öffentliche Zierbeleuchtung. Wenn etwa Kirchtürme die ganze Nacht lang von unten angestrahlt oder Parkplätze an großen Industrieanlagen durchgehend beleuchtet werden. „Wir müssen uns Gedanken machen, ob wir uns das leisten wollen. Und wir müssen uns klar machen, welchen Schaden wir damit anrichten“, sagt Philipp. Auch durchgehend beleuchtete Schaufenster oder Werbetafeln verstärken die Lichtverschmutzung.
In vielen Fällen wäre eine insektenfreundliche Lösung gar kein allzugroßer Aufwand, sagt Philipp. Bei den Straßenlaternen zum Beispiel. „Statt Lampen mit einer neutralen Farbtemperatur von 5000 Kelvin sollte lieber warmweißes oder gelbes Licht verwendet werden.“ Die niedrigere Farbtemperatur zieht weniger Insekten an und hat eine geringere Streuwirkung. „Ideal wären natürlich Straßenlaternen, die sich nachts herunterdimmen.“ Die Technik gibt es bereits, in Augsburg wird sie beispielsweise schon angewandt. „Das hilft nicht nur den Insekten, sondern spart auch noch Strom“, sagt Philipp.
Im Rahmen des Runden Tisches zum Artenschutz-Volksbegehren ist auch über die Lichtverschmutzung diskutiert worden. Die zuständige Fachgruppe kam zu dem Ergebnis, dass zur Gewährleistung einer artenfreundlichen Straßenbeleuchtung im Außenbereich generelle Vorgaben gemacht werden sollten, gegebenenfalls durch eine Rechtsverordnung. Diesen Vorschlag will die Staatsregierung in dem angekündigten Begleitgesetz (siehe Text unten) aufgreifen, wie Umweltminister Thorsten Glauber (FW) auf Anfrage mitteilt. „Wir wollen mit neuen Regelungen wertvolle Ruheräume für Vögel und Insekten schaffen. Deshalb geht der Freistaat bei öffentlichen Gebäuden mit gutem Beispiel voran.“ So soll künftig ab 23 Uhr an Kirchen und Schlössern die Lichtbestrahlung abgeschaltet werden. „Im besonders schützenswerten Außenbereich wollen wir zusätzlich die Leuchtwerbung einschränken.“ Auch bei der Beleuchtung von Privatgärten will das Ministerium besser informieren.
Gerade im privaten Bereich sieht auch Manuel Philipp großes Potenzial für Verbesserungen. „Jeder Kleingarten ist ein Mikrobiotop für Insekten. Deswegen sollte sich jeder überlegen, ob er wirklich Solarlampen braucht, die die ganze Nacht über leuchten.“ Auch bei der Lampe vor der Haustür lasse sich leicht nachbessern. „Gelbes Licht, das nur nach unten scheint. Und nicht zu viel Watt reinschrauben“, rät Philipp. „Alles andere ist wie heizen bei offenem Fenster.“ Es verschwende Energie und das Licht komme ohnehin nicht dort an, wo es gebraucht wird.