Jede Woche beantwortet ein Oberbayer Fragen rund um seine Heimat. Anton Förg, 80, lebt seit seiner Geburt in Wiedenzhausen im Kreis Dachau und war von 1966 bis 1978 Bürgermeister der damals noch selbstständigen Gemeinde. Heute ist er Ehrenbürger und in allen Ortsvereinen engagiert. 2005 hat er die große 1200-Jahrfeier des Ortes organisiert und noch immer sammelt er alles, was er über das Dorf findet.
Herr Förg, wieso leben Sie gerne in Wiedenzhausen?
Der Zusammenhalt ist gut und wir haben hier eigentlich alles, was wir brauchen: einen Kindergarten, eine Metzgerei und einen Wirt. Zu den umliegenden Ortschaften gibt es überall Radwege und durch die Autobahn ist auch die Verbindung nach München gut. Wir können deshalb sehr positiv in die Zukunft schauen.
Fehlt trotzdem etwas?
Ja, ein Lebensmittelgeschäft und eine Post. Früher hatten wir beides, aber seit ein paar Jahren ist der Laden leider geschlossen. Es ist kurios: Wiedenzhausen ist der einzige Ort im ganzen Landkreis Dachau mit einer eigenen Postleitzahl – aber er hat keine Poststelle.
Wie hat sich Wiedenzhausen in den letzten Jahren entwickelt?
Das Dorf ist gewachsen: 1966 hatte Wiedenzhausen gemeinsam mit dem Nachbarort zusammen 550 Bürger, heute sind es in Wiedenzhausen 1150 Einwohner. Ich habe auch noch eine Liste aus dem Jahr 1843: Damals gab es in dem Dorf nur 43 Anwesen. Nur drei der Familiennamen, die auf der Liste stehen, gibt es heute noch. Alle anderen Anwesen wurden entweder verkauft oder von Töchtern übernommen, die geheiratet und einen anderen Namen angenommen haben.
Hat sich sonst noch etwas verändert?
Früher war Wiedenzhausen ein Bauerndorf, jeder hatte Tiere. Aber im Laufe der Jahre wurden es immer weniger Höfe. Jetzt gibt es nur noch vier Landwirte. Nur einer betreibt noch Viehhaltung, aber auch er will das bald aufgeben. In einigen Jahren wird Wiedenzhausen also komplett rindviehfrei sein.
Gibt es bestimmte Traditionen, die gepflegt werden?
Jedes Jahr machen wir am Pfingstsamstag eine Wallfahrt zum Heiligen Leonhard nach Inchenhofen im Landkreis Aichach-Friedberg. Dieses Jahr findet der Bittgang schon zum 367. Mal statt. Es gibt die Sage, dass die Wallfahrt entstanden ist, weil man damals bei einem schweren Gewitter in Wiedenzhausen die Kirchturmglocke geläutet hat. Das Läuten soll bis nach Inchenhofen zu hören gewesen sein und Schlimmeres verhindert haben, heißt es in der Erzählung.
Was sollte man in Wiedenzhausen unbedingt gesehen haben?
Sehr schön sind die Landschaft rund um unseren Ort und natürlich unsere Kirche. Der 56 Meter hohe Kirchturm ist einer der höchsten und schönsten Türme, die es zwischen München und Augsburg gibt.
Interview: Claudia Schuri