Fahrenzhausen – Sonntagabend, 21.30 Uhr. An der Raststätte Fürholzen in der Gemeinde Fahrenzhausen (Kreis Freising) stehen mehr als hundert Lkw dicht gedrängt nebeneinander. Es ist voll, bis 22 Uhr gilt das Sonntagsfahrverbot. An der A9 preschen Autos und Lastwagen vorbei, ein nie endendes Rauschen. Es ist kalt. Kein Ort, an dem man gerne seinen Sonntagabend verbringt. Katharina Fieber und Julian Hruska vom Operativen Ergänzungsdienst, eine Unterstützungseinheit der Bayerischen Polizei, fahren mit ihrem Einsatzbus durch die Reihen. Ihr Auftrag: Lkw-Fahrer auf Alkohol kontrollieren.
Julian Hruska sitzt am Steuer des Polizeiautos. Hinter einem weißen Sattelauflieger mit italienischem Kennzeichen parkt er den Kleinbus. Zwei Männer öffnen gerade die Tür des Aufliegers. Die Beamten ziehen ihre Polizeikappen auf und gehen zu den Männern. „Guten Abend, Verkehrskontrolle. Führerschein, Fahrzeug- und Ladungspapiere bitte“, sagt Katharina Fieber. Die beiden Fahrer, Vater und Sohn aus Osteuropa, sprechen nur schlecht Deutsch, klettern aber in ihre Fahrerkabine und geben Hruska die Papiere. Katharina Fieber gibt der Einsatzzentrale Name und Geburtsdatum der Fahrer sowie das Kennzeichen durch. Keine Eintragungen.
Jetzt noch der Alkoholtest. Fieber steckt ein frisches Blasröhrchen auf das Gerät und hält es den Fahrern hin. „Reinpusten, bis ich Stopp sage.“ Der Sohn pustet, das Gerät zeigt 0,00 Promille an. Beim Vater sieht’s anders aus: 0,69. Die Polizisten geben den Lkw-Fahrern die Papiere zurück. „Danke, schönen Abend noch.“ Weil der alkoholisierte Mann nicht gefahren ist, hat er nichts zu befürchten, sagt Fieber.
In Fahrenzhausen wie an vielen anderen Rastplätzen in Bayern kontrollierten fast 400 Polizisten am Sonntagabend gezielt Lkw-Fahrer. Ziel der Kontrollen war, „möglichst viele Lkw-Fahrer dafür zu sensibilisieren, wie gefährlich Alkohol und Drogen am Steuer sind“, teilte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Montag mit. Auch Restalkohol könne Stunden nach dem Konsum die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen. Zum Beispiel an Sonntagabenden, wenn Lkw-Fahrer ihre Wochenenden auf Rastplätzen verbracht haben.
Grund für die bayernweite Kontrolle ist die Unfallbilanz vom Vorjahr: Wegen Alkohol und Drogen am Lkw-Steuer kam es im vergangenen Jahr zu 142 Unfällen im Freistaat, 45 Menschen wurden verletzt, ein Motorradfahrer getötet.
„Manche Lkw-Fahrer trinken auch aus Frust, weil sie alleine an Rastanlagen stehen. Dort gibt’s nicht genügend Unterkünfte und Gemeinschaftsräume“, sagt Ulrich Pfaffenberger, Sprecher vom Landesverband Bayerischer Spediteure. Vor allem osteuropäische Fahrer seien oft wochenlang unterwegs und verbringen ihre Wochenenden alleine in ihren Fahrerhäusern. Der eine oder andere Fahrer greife dann zur Flasche. „Es gibt dann keine soziale Kontrolle durch andere Fahrer.“
Sieben Fahrer überschritten am Sonntag auf dem Rastplatz an der A9 die gesetzliche Grenze von 0,5 Promille Atemalkohol, so das Polizeipräsidium Oberbayern Nord. In ganz Bayern waren es 159 Fahrer, davon 74 mit mehr als 1,1 Promille, sagte das Innenministerium. Der höchste festgestellte Wert hatte demnach ein Fahrer mit 3,48 Promille. „All diese Lkw-Fahrer durften so lange nicht ans Steuer, bis sie wieder verkehrstüchtig waren“, erklärte Herrmann.
Strafrechtlich verfolgt wurden die Lkw-Lenker nicht, weil sie auf den Rastplätzen nur gestanden sind. Wären sie um 22 Uhr losgefahren, hätten ihnen empfindliche Strafen gedroht, von mehreren hundert Euro Bußgeld über Fahrverbote bis hin zum Entzug der Fahrerlaubnis. Für Berufsfahrer hieße das die sichere fristlose Kündigung.