DIRK WALTER
Eins vorweg: Das Ministerium hat nach den Protesten so schnell wie möglich die Mathematik-Prüfungen durchleuchtet und kommt nun zu einem nachvollziehbaren Ergebnis: Das Ergebnis des Mathe-Abiturs dürfte zwar relativ schlecht sein. Aber so schlecht auch wieder nicht, dass man bei den Noten nachgeben müsste oder gar eine Wiederholung angesagt wäre. Diese Entscheidung ist plausibel. Alles andere wäre ein Präzedenzfall gewesen – mit unabsehbaren Folgen. Gleichzeitig aber ist die Diskussion um das Mathe-Abitur ein Beispiel für die Relativität von Noten, die für unsere Schüler der alles überragende Gradmesser sind. Der Mathe-Schnitt pendelt seit Jahren konstant um die 3,0. Darauf ist alles abgestellt, die Schwere der Prüfungen ebenso wie die „Großzügigkeit“ bei den Korrekturen. Warum aber dieser Schnitt? Warum nicht 2,5? Oder 2,7? Eine Erklärung dafür gibt es nicht. Es hat sich nun mal schon ewig so eingependelt.
Vor Jahren hatte die Lehrerin Sabine Czerny dieses Fass um die Notenfindung schon einmal aufgemacht. Sie hatte ihren Grundschülern (angeblich) zu gute Noten gegeben. Fünfer oder Sechser gab sie nicht, die Übertrittsquoten ihrer 4. Klasse war infolgedessen überragend hoch. Der Rüffel von oberer Stelle folgte prompt – angeblich unterrichtet Frau Czerny heute nur noch erste oder zweite Klassen, wo die Notenvergabe noch keine oder keine große Rolle spielt. Doch Noten sind relativ, das sollte man sich merken. Und ein schlechtes Mathe-Abi kein Testat für Unfähigkeit. Auch ein mittelprächtiger Abiturient kann es zum Professor und Minister bringen. Unser Kultusminister, der offenherzig seinen Abiturschnitt verraten hat, ist dafür ein gutes Beispiel.
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