Weilheim – Elisabeth Doll weiß genau, wie man Blumen zu behandeln hat. „Man darf die Pflanzen nicht verwöhnen. Man muss sie erziehen.“ Zum Beispiel in Sachen Wasser. Im Garten der Kräuterpädagogin wird nicht gegossen. Punkt. Denn Blumen sind nicht dumm – sondern: faul. „Wenn ich nicht gieße, dann suchen sie mit ihren Wurzeln das Wasser tief im Boden. Wenn ich sie dagegen jeden Tag gieße, dann warten sie darauf und machen sich selbst nicht die Mühe.“ Wenn die Pflanze damit nicht klar kommt, hat sie eben Pech. Oder aber ein herzerweichendes Äußeres: „Naja, wenn eine Blume arg welk aussieht, dann bekomme auch ich mal Mitleid“, sagt die Weilheimerin. Der Garten ist ihre absolute Leidenschaft. Trotzdem muss er vor allem eines sein: pflegeleicht. „Ich will dort ja nicht nur arbeiten, sondern auch entspannen.“
Denn Elisabeth Doll ist Hauswirtschaftsmeisterin, Kräuterpädagogin, Gartenbäuerin, führt zusammen mit ihrem Mann einen landwirtschaftlichen Betrieb im Nebenerwerb und ist Mutter von drei Kindern; „pflegeleicht“ ist also schlichtweg ein Muss. Dabei hat die 54-Jährige zu Hause auf ihrem Wieshof im Landkreis Weilheim-Schongau einen Garten, von dem andere nur träumen können, samt Blumenwiesen, Obstbäumen und Gemüsegarten.
Wie das funktioniert? Mit einem Umdenken. Weg vom perfekten Rasen und exotischen Blüten hin zu dem, was sich in unseren Gefilden eben wohlfühlt und natürlich vorkommt. „Ein perfekter Rasen ist ein toter Rasen“, sagt Elisabeth Doll. „Da blüht nichts, da lebt nichts.“ Ein Graus für die Gartenbäuerin.
Doch sie merkt, dass viele Menschen bereit sind für solch ein Umdenken – sie wissen nur nicht so genau, was sie dafür tun können. Das will Elisabeth Doll ändern. Mitstreiterinnen dabei hat sie in ihrem Verein gefunden, den „Gartenbäuerinnen und Kräuterpädagogen Oberland“. Elisabeth Doll ist die Vorsitzende. „Wir wollen den Menschen die Pflanzen vorstellen, näher bringen. Denn nur was man kennt, schätzt man auch.“ Eigentlich ist das ganz einfach, das Kennenlernen. „Ich schau immer raus in die Natur: Was wächst da gerade? Das kommt dann auf den Tisch.“ Derzeit ist das etwa der Löwenzahn, den kennt jeder, klar. Doch es ist auch: die Nelke. Die Kuckucks-Lichtnelke etwa erfüllt alle drei Kriterien, um in Dolls Garten bestehen zu können.
Das erste lautet, wie schon erwähnt: pflegeleicht zu sein. „Sie ist robust, ausdauernd und nicht anfällig für Krankheiten“, schwärmt die Gartenbäuerin. Zweitens ist sie gut für die Umwelt. „Sie ist eine der ersten Blumen im Jahr, die blüht und Nahrung für Insekten bietet.“ Drittens ist sie gut für den Menschen. Als Dekoration, im Garten oder in der Vase, und: in der Küche. Denn „sie ist essbar, das weiß nur keiner“, beteuert die Kräuterpädagogin. Einfach die Blütenblätter auf den Salat streuen – das ist was für’s Auge und für den Magen.
Aber wie kommt man nun zu solch einer schönen und praktischen Blume im Garten? Da wären wir wieder bei dem Thema Erziehung. Blumen mögen Magerwiesen, und das bedeutet für den Wiesenbesitzer oder Hobbygärtner: selten mähen, ja nicht mulchen. Denn wer das Mähgut auf dem Rasen liegen lässt, düngt ihn auch. Und so schön sich das auch anhört: Gedüngte Erde samt hohem Stickstoffgehalt mögen unsere heimatlichen Blumen eben nicht. Die mögen es karg – deshalb der Begriff „Magerwiese“.
„Weniger ist oft mehr“, sagt Elisabeth Doll. Sie selbst mäht ihre ganze Wiese erst im September, wenn alles verblüht ist. Das Jahr über werden nur die Fußwege gemäht, alle zwei Wochen. Und selbst dabei nimmt sie Rücksicht: Sie wartet mit der ersten Mahd im Frühjahr so lange, bis sie sieht, wo Blumen sprießen; diese Flächen werden selbstverständlich beim Mähen umrundet. In dieser Frage haben wohl wiederum die Pflanzen Elisabeth Doll erzogen.