Diffuser Personalstreit in der Jugendfürsorge

von Redaktion

Unüberbrückbare Differenzen haben zur Entlassung der Leiterin einer großen katholischen Behinderteneinrichtung im Kreis Ebersberg geführt. Der Streit ist jetzt vor dem Arbeitsgericht gelandet. In der Öffentlichkeit formiert sich Widerstand gegen den Rauswurf.

Steinhöring – Die Wellen schlagen hoch im Landkreis Ebersberg, nachdem bekannt wurde, dass die allseits anerkannte Leiterin des Einrichtungsverbundes Steinhöring, Gertrud Hanslmeier-Prockl, mit sofortiger Wirkung entlassen wurde. Die Einrichtung für Behinderte, in der fast 1000 Mitarbeiter tätig sind, gehört zur Katholischen Jugendfürsorge (KJF), die jährlich etwa 13 000 Kinder, Jugendliche und Erwachsene in psychischen und sozialen Notlagen betreut.

Die Gründe für das Zerwürfnis sind diffus. Offenbar kam es über die künftige Ausrichtung der KJF zu einer anhaltenden Auseinandersetzung zwischen dem Aufsichtsrat und der langjährigen Leiterin des Betreuungszentrums. Wie man hört, gibt es im zweiten Bereich der KJF, der Kinder- und Jugendhilfe, seit einiger Zeit erhebliche Probleme, weil es zu viele Plätze in der stationären Jugendhilfe gibt. Die Jugendämter schicken Kinder in Notfällen eher in Pflegefamilien – nach dem Motto „ambulant vor stationär“. Daher prüft nun eine Unternehmensberatung die gesamte Jugendfürsorge. Der Behindertenbereich, dem Hanslmeier-Prockl seit neun Jahren vorsteht, ist allerdings der einzige Bereich, der im Moment schwarze Zahlen schreibt

Über die Neuausrichtung muss es heftige Auseinandersetzungen gegeben haben, die gestern vor dem Arbeitsgericht München zu einer Güteverhandlung geführt haben. Eine Entscheidung gab es zunächst nicht – ein neuer Richter wird nun in den nächsten Wochen zu einem Güterichterverfahren laden.

Alle Prozessbeteiligten behalten Stillschweigen zu den Streitgründen. In einer Pressemitteilung der KJF hieß es gestern jedoch: „Der Entlassung von Frau Dr. Hanslmeier-Prockl waren viele Gespräche vorausgegangen, die letztlich zu keiner Einigung führten.“ Weiter ist von „unüberbrückbaren Differenzen“ die Rede. Vorstand und Aufsichtsrat hätten sich diese Entscheidung nicht leicht gemacht. Hanslmeier-Prockl selber erklärte: „Ich bin sehr betroffen.“

Während sich Landrat Robert Niedergesäß, örtliche Landtagsabgeordnete und Bürgermeister bis hin zur ehemaligen Sozialministerin Christa Stewens (CSU) für die „hochkompetente Frau“ starkmachen und Mitarbeiter mit Aktionen drohen, hält sich die Kirche bedeckt. „Wir sind in einem Dilemma“, erklärt Ordinariatsdirektorin Elke Hümmeler als Diözesanbeauftragte für karitative Verbände im Erzbistum München und Freising. Als Arbeitgeber dürfe man im laufenden Prozess nichts sagen, „selbst wenn man massiv angegriffen wird“. Man habe die Gerichtsbarkeit anzuerkennen und „dem muss man sich beugen“. Jede weitere Äußerung würden dem Personen- und Datenschutz widersprechen. Die KJF betont, es habe nie an der Bereitschaft zu konstruktiven Gesprächen mit Frau Hanslmeier-Prockl gefehlt – und das gelte auch für die Zukunft. „Ein gedeihliches Miteinander setzt aber den ernsthaften Willen zur vertrauensvollen Zusammenarbeit voraus.“  cm/ac/mps/cla

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