München – Gut vier Wochen ist es her, dass in Biberbach nördlich von Augsburg ein totes Lamm auf einer Weide am Ortsrand gefunden wurde. Nun hat das Landesamt für Umwelt bestätigt: Es war ein Wolfsriss. Aus welcher Population das Tier stammt, müsse noch analysiert werden, heißt es bei der Behörde.
Es ist bereits der zehnte Wolfsnachweis in Bayern in diesem Jahr. Das LfU gibt dabei in der Regel nur den Landkreis und keine genauen Orte bekannt – um keine Panik zu schüren, wie es auf Nachfrage heißt. „Eine etwas ausgeprägtere Informationspolitik würde uns trotzdem freuen“, sagt Wolfgang Jarasch, Bürgermeister von Biberbach. „Denn gerade der Mangel an Informationen sorgt doch für Gesprächsstoff.“ Zumal derzeit noch ein weiterer Fall aus der Region beim LfU untersucht wird. „Der stammt laut meinen Informationen erst vom vergangenen Montag“, sagt Jarasch. Sollte sich der Verdacht auch hier bestätigen, könnte sich der Wolf womöglich noch in der Region aufhalten. Jarasch betont: „Ich fühle mich nicht bedroht.“ Aber er würde etwa Landwirte und Spaziergänger gerne besser informieren darüber, wie sie mit einem streunenden Wolf umgehen sollen.
Während sich in Bayern die Nachweise häufen, hat sich die Bundesregierung am Mittwoch zu einem Kompromiss im Umgang mit dem Wolf durchringen können. Das Kabinett billigte einen Gesetzentwurf von Umweltministerin Svenja Schulze (SPD), wonach ein Abschuss von Wölfen aus einem Rudel künftig auch schon möglich sein soll, wenn nicht klar ist, welches Tier genau für einen Angriff verantwortlich ist. So kann theoretisch auch ein ganzes Rudel geschossen werden, wenn die Angriffe nicht aufhören. Allerdings muss weiter jeder einzelne Abschuss genehmigt werden. Außerdem sollen in Zukunft schon „ernste“ Schäden für eine Abschussgenehmigung ausreichen. Bislang ist im Naturschutzgesetz von „erheblichen“ Schäden die Rede, was häufig als existenzbedrohend interpretiert wurde und somit alle Hobbyschäfer per se ausschloss. Der Gesetzentwurf muss noch durch den Bundestag.
Dem Kabinettsbeschluss war eine lange Auseinandersetzung zwischen Umwelt- und Agrarministerium vorausgegangen, zuletzt hatte sogar das Kanzleramt vermittelt. Während Umweltministerin Schulze von einem „vernünftigen Interessenausgleich“ zwischen Herden- und Artenschutz sprach, zeigte sich Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) weniger begeistert. Sie bezeichnete den Beschluss lediglich als „ersten Schritt“. Mehrere Unionspolitiker erneuerten ihre Forderung nach einer generellen Regulierung der Zahl der Wölfe und nach „wolfsfreien Zonen“.
Joseph Grasegger, Vorsitzender des Landesverbands Bayerischer Schafhalter, begrüßt die Entscheidung. „Wir sind zufrieden, dass es jetzt endlich eine Einigung gibt. Das hilft der Weidehaltung.“ Auch er wünscht sich, dass der Wolf schon ohne vorangegangene Übergriffe geschossen werden darf. „Aber das wird kommen, wenn sich die Population noch weiter ausdehnt“, ist er sich sicher. Georg Mair vom Almwirtschaftlichen Verein Oberbayern spricht ebenfalls von einem Schritt in die richtige Richtung – fordert aber zusätzlich die Aufnahme des Wolfes in das Jagdrecht.
Naturschützern wiederum geht der jüngste Beschluss schon zu weit. Bis zu einem „guten Erhaltungszustand“ der Wölfe in Deutschland sei es noch ein weiter Weg. Erst dieser würde weitere Lockerungen in der Abschuss-Regelung rechtfertigen. Deshalb solle man lieber auf mehr Engagement beim Herdenschutz und Unterstützung für die Weidehalter setzen.