Nachbarin vermisst: 20-Jähriger rettet Seniorin das Leben

von Redaktion

Neufahrn – Weil Okan Güneyli aus Neufahrn bei Freising seine 74 Jahre alte Nachbarin zwei Wochen nicht mehr gesehen hatte, alarmierte er aus Sorge die Polizei. Zum Glück: Die Seniorin hatte über 24 Stunden hilflos in ihrer Wohnung gelegen.

Der Müll vor der Tür hat Okan Güneyli stutzig gemacht. „Unsere Nachbarin ist eine recht ordentliche Frau“, erzählt der 20-Jährige. „Ich sehe sie öfter und unterhalte mich ein bisschen mit ihr, wenn sie draußen unterwegs ist, zum Radfahren geht oder eben den Abfall runterbringt.“ Güneyli macht gerade eine Ausbildung zum Mechaniker und wohnt mit seiner Familie im dritten Stock eines Mehrfamilienhauses am Hart in Neufahrn, seine Nachbarin zwei Türen weiter. Doch vor Kurzem sei ihm aufgefallen, dass ein Müllsack vor der Tür stehe. „Da habe ich mir erst aber noch nichts gedacht“, sagt Güneyli.

Doch weil er seiner Nachbarin ohnehin schon zwei Wochen lang nicht mehr begegnet war, beschlich den 20-Jährigen ein ungutes Gefühl. „Erst vor ungefähr zwei Monaten habe ich die Feuerwehr gerufen, weil sie etwas auf dem Ofen vergessen hatte“, erzählt Güneyli. „Ich hatte irgendwie schon ein Auge auf sie.“ Als er am vergangenen Freitag nach Hause kam, sei ihm wieder der Müllsack vor der Tür aufgefallen. „Und ich habe vom Gang aus bemerkt, dass das Küchenlicht der Dame brennt – dabei war es noch hell.“ Als Klingeln und Klopfen nichts half, alarmierte Güneyli die Polizei.

„Da bei Eintreffen der Streife niemand öffnete, in der Küche Licht brannte und die Tür von innen versperrt war, wurde unverzüglich die Feuerwehr hinzugezogen, die die Wohnungstür gewaltsam öffnete“, berichtet Polizeikommissar Florian Ehgartner von der Polizei Neufahrn. In der Wohnung fanden die Einsatzkräfte die alte Dame hilflos auf dem Fußboden liegen. Sie war gestürzt und hatte sich ihren Kopf unter einem Heizkörper eingeklemmt. Der Feuerwehr gelang es schließlich unter Einsatz technischen Geräts, die Frau zu befreien.

Sie war ansprechbar und wurde vom Rettungsdienst in ein Münchner Klinikum gebracht. „Über die Schwere der Verletzungen können keine Angaben gemacht werden – eigenen Angaben nach lag sie bereits seit über 24 Stunden hilflos in der Wohnung“, teilt Polizeikommissar Ehgartner mit.

Er und seine Kollegen zollen Okan Güneylis Einsatz großes Lob: „Es ist davon auszugehen, dass er durch sein beherztes Handeln die Seniorin vor weiteren Gesundheitsschäden bewahrt beziehungsweise ihr sogar das Leben gerettet hat.“ Und weiter: „In diesem Zusammenhang stellt sich wieder einmal dar, wie wichtig eine funktionierende Nachbarschaft ist, in der sich nicht nur jeder um sich selbst, sondern auch um sein Umfeld sorgt.“

Okan Güneyli beschäftigt der Fall noch immer: „Ich hätte mir das nicht in diesem Ausmaß vorgestellt.“ Künftig wollen er und seine Familie noch genauer auf die 74-Jährige achten. „Ist doch klar – sie ist schließlich unsere Nachbarin.“ MAGDALENA HÖCHERL

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