Weniger Schüleraustausch in Bayern

von Redaktion

Immer weniger bayerische Jugendliche nehmen an einen Schüleraustausch teil. Die Gründe dafür sind vielfältig – unter anderem ist es für viele Schulen schwierig, Partner zu finden.

VON CLAUDIA SCHURI

München – Freunde aus anderen Ländern finden, gemeinsam Abenteuer erleben und Fremdsprachen lernen: Ein Schüleraustausch ist ein unvergessliches Erlebnis für viele Jugendliche. Doch: In Bayern gibt es immer weniger Austausche, wie eine parlamentarische Anfrage des europapolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Markus Rinderspacher, ergab. Demnach waren im Schuljahr 2017/2018 insgesamt 30 459 Schüler im Rahmen eines Austauschs im Ausland. Das sei ein Rückgang von 6,35 Prozent innerhalb von zwei Jahren, erklärt Rinderspacher.

Die Ursachen sind vielfältig: Die Initiative „Austausch macht Schule“ sieht die Gründe im Lehrermangel und den übervollen Lehrplänen. Oft könne es sich eine Schule nicht leisten, zwei Lehrkräfte abzustellen. Zudem müssten viele Lehrer draufzahlen, etwa für die Unterkunft. Wie es vom Kultusministerium heißt, soll das Verfahren zur Reisekostenzahlung umgestaltet werden. Der Regierungsentwurf zum Doppelhaushalt 2019/2020 sehe für heuer 0,5 Millionen Euro vor und für 2020 2,2 Millionen Euro.

„Wir haben nur ein gewisses Kontingent für Fahrten“, sagt auch Kerstin Haferkron, Leiterin der Realschule Prien (Kreis Rosenheim), wo es einen England- und einen Frankreichbesuch gibt. „Wenn das ausgeschöpft ist, kann es sein, dass die Lehrer auf Kosten sitzen bleiben.“ Zudem stecke hinter der Organisation eines Austausches viel zusätzliche Arbeit. Dennoch: „Wir haben zum Glück keine Probleme, Lehrer zu finden.“

Ähnlich sieht es Tobias Schreiner, Leiter der Realschule Tegernseer Tal (Kreis Miesbach). „Unsere Kollegen schätzen es hoch, mit den Jugendlichen unterwegs zu sein“, berichtet er. Seine Schule hätte dagegen ein anderes Problem gehabt, als sie die ersten England- und Frankreichaustausche organisieren wollte: „Wir haben intensiv nach Partnerschulen gesucht, aber es ist nie etwas zustande gekommen.“ Vor allem englischsprachige Schulen seien schwer zu finden: „Viele Schulen fahren lieber nach Norddeutschland, weil der Weg kürzer ist“, erklärt er. Die Realschule Tegernseer Tal ist inzwischen genauso wie die Realschule Prien dazu übergegangen, den Austausch über eine Agentur abzuwickeln. „Die Jugendlichen sind im Ausland bei Gastfamilien untergebracht, aber es gibt keinen Gegenbesuch“, erklärt Schreiner.

„Weil die Zahl der deutschlernenden Schüler zurückgeht, kann es gerade in England, den USA und Frankreich zu einem Mangel an Partnerschulen kommen“, bestätigt auch Heinz-Peter Meidinger, Präsident des deutschen Lehrerverbandes und Schulleiter am Robert-Koch-Gymnasium Deggendorf, wo es Austauschprogramme mit den USA, Frankreich, China und Italien gibt. Generell denkt er aber, dass mit der Einführung des neunjährigen Gymnasiums wieder mehr Schüler bei einem Austausch mitmachen: „Dann ist es einfacher, Austauschprogramme in den Schulbetrieb einzupassen“, sagt er.

Michael Schwägerl, der Vorsitzende des Bayerischen Philologenverbandes, weist außerdem auf die weltweit veränderte Sicherheitslage hin: „Die Zahl der Türkei-Austausche ist stark eingebrochen und auch die Frankreichaustausche sind nach den Attentaten zurückgegangen“, sagt er.

Dennoch war Frankreich im Schuljahr 2017/2018 das beliebteste Austauschziel: 18 582 Schüler fuhren dorthin, 6623 nach Italien und 4782 nach England. Auch Spanien wird immer interessanter. Geht es nach Markus Rinderspacher, soll es die Regel werden, dass jeder Schüler einmal an einem Austausch teilnimmt. „Prinzipiell fände ich es gut, wenn jeder Schüler für drei Monate ins Ausland gehen würde“, findet auch Heinz-Peter Meidinger. „Aber im Schulwesen gibt es so viele Baustellen, dass ich nicht glaube, dass man das stemmen kann.“ Zudem müsse sichergestellt werden, dass sich alle Schüler den Aufenthalt leisten können. Auch Philologenverbands-Chef Michael Schwägerl ist skeptisch: „Wenn, dann müsste es einen europaweiten Konsens geben, damit wirklich jede Schule eine Partnerschule findet“, sagt er.

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