Weiden/Würzburg – Während des Unterrichts hat in einer Schule in Weiden eine Mutter die Lehrerin ihres 12-jährigen Sohnes attackiert. Sie habe die Frau geschubst und beleidigt, teilte die Polizei gestern mit. Zudem habe ein Mann, der die Mutter begleitete, die 24 Jahre alte Pädagogin geohrfeigt. Zuvor war es nach den Angaben zu einer Diskussion zwischen der Lehrerin und dem Bub gekommen.
Dieser hatte demnach am Mittwochvormittag seine Aufgaben nicht erledigt und eine Ermahnung kassiert. Daraufhin rief er gegen 11 Uhr mit dem Handy seine Mutter an. „Die kam prompt in die Schule“, sagte ein Polizeisprecher. Die 41-Jährige war dabei in Begleitung eines Mannes, der die Lehrerin mindestens einmal ohrfeigte. „Der Mann ist noch nicht identifiziert, es könnte sich nach ersten Erkenntnissen vermutlich um den Großvater handeln“, sagte der Polizeisprecher.
Die Lehrerin erlitt den Angaben zufolge leichte Verletzungen und kam zur ambulanten Behandlung ins Krankenhaus. Wenig später zeigte die Mutter die Lehrerin an. Diese habe den Sohn fest angepackt und hierbei verletzt. Gegen die Mutter und ihren Begleiter ermittelt die Polizei wegen Körperverletzung und Beleidigung.
Jeder körperliche Angriff sei einer zuviel, sagte Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbandes (BLLV), gestern. Sie reagierte bestürzt auf den Vorfall. Es sei wichtig, die Polizei ins Boot zu holen und die junge Kollegin psychisch stützen. Sie habe nichts falsch gemacht. Weiter forderte sie: „Wir brauchen eine Null-Toleranz-Politik. Dafür muss sich der Dienstherr einsetzen.“ Nach ihren Angaben hat eine aktuelle BLLV-Studie gezeigt, dass vier Prozent aller Lehrerinnen und Lehrer im Freistaat selbst bereits körperliche Gewalt erlebt hätten.
Bei der Landesdelegiertenversammlung des BLLV, die gestern in Würzburg begann und bis Samstag dauert, soll deshalb eine Resolution „Gewalt gegen Lehrkräfte“ verabschiedet werden. Neben dieser körperlichen Form von Gewalt machen Cyber-Attacken dem BLLV „große Sorgen“. Immer mehr Lehrer würden im Netz anonym angegriffen.
Das Thema „Gewalt gegen Lehrer“ muss laut Fleischmann aus der Tabuzone geholt werden. Zu oft sei es in der Vergangenheit verheimlicht worden, wenn Lehrer von Eltern beleidigt oder von Kindern attackiert wurden. Dies hänge mit dem Selbstbild von Lehrkräften zusammen. Nur schwache Lehrer, so ein verbreitetes Vorurteil, würden angegriffen. Der BLLV hingegen macht eine „Verrohung des gesellschaftlichen Klimas“ als Grund für die ansteigende Tendenz zur Gewalt im Klassenzimmer aus.
In der Resolution wird eine Dokumentation sämtlicher Vorkommnisse verlangt. Fleischmann: „Fasst ein Vater eine Lehrerin an, muss das zur Anzeige kommen.“ Toleranz dürfe es beim Thema „Gewalt gegen Lehrer“ nicht geben. mm/lby