Engpässe wegen später Einschulung

von Redaktion

Die bayerische Staatsregierung überlässt Eltern die Entscheidung, ob sie ihre Kinder, die zwischen Juli und September sechs Jahre alt werden, einschulen lassen wollen oder nicht. Was den Familien Flexibilität gibt, wird für die Kindergärten zum Problem.

VON KATHRIN BRACK, HANS MORITZ UND CHRISTOPH PETERS

München/Peiting/Erding – 14 Absagen hat die Gemeinde Peiting (Kreis Weilheim-Schongau) verschickt. 14 Familien, für die vorerst kein Kindergartenplatz zur Verfügung steht, obwohl sie einen Anspruch darauf haben. „Es gibt einen Engpass an Plätzen für das kommende Kindergartenjahr“, sagt Geschäftsleiter Stefan Kort. Geburtenstarke Jahrgänge, Zuzüge, die Tatsache, dass immer mehr Mütter früher in den Beruf zurückkehren: Gründe für die steigende Nachfrage gibt es viele. Seit diesem Jahr wird der Bedarf durch eine Neuregelung bei der Einschulung verschärft.

Bislang wurden in der Regel alle Kinder eingeschult, die bis zum 30. September das sechste Lebensjahr vollendet haben. Die Staatsregierung hat Anfang des Jahres beschlossen, dass mit dem kommenden Schuljahr ein sogenannter Einschulungskorridor eingeführt wird: Wird ein Kind zwischen dem 1. Juli und dem 30. September sechs Jahre alt, dürfen die Eltern nach Beratung entscheiden, ob sie ihren Sohn oder ihre Tochter einschulen lassen oder noch ein Jahr warten wollen.

„Es ist mir ein Anliegen, den Entwicklungsstand jedes einzelnen Kindes bestmöglich zu berücksichtigen“, sagte Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) zur Einführung. Mit dem Einschulungskorridor stärke das Ministerium die Entscheidungsfreiheit der Eltern.

Im Regierungsbezirk Oberbayern fallen knapp 11 500 Kinder unter die neue Regelung. Davon werden 6240 Mädchen und Buben im September eingeschult, bei 5240 Kindern haben sich die Eltern für den späteren Termin entschieden. „Förmliche Zurückstellungen durch die Schule sind nicht mehr erforderlich, wenn bereits die Eltern die Einschulung im Korridor um ein Jahr verschieben“, erklärt Verena Gros, Sprecherin der Regierung von Oberbayern.

Im Kreis Fürstenfeldbruck werden dieses Jahr über die Hälfte der 580 Korridor-Kinder zurückgestellt: 280 werden diesen Herbst eingeschult. Fast 52 Prozent beanspruchen dagegen für ein weiteres Jahr einen Kindergartenplatz. Für diesen Landkreis ist es laut Schulamt kein Problem. In anderen Landkreisen bedeuten die Rückstellungen dagegen, dass Kommunen Familien Absagen erteilen müssen.

In Erding können heuer zwar alle Kinder untergebracht werden. Oberbürgermeister Max Gotz (CSU) übt dennoch scharfe Kritik am Kultusministerium. Man sei mit der „übereilten Einführung“ des Einschulungskorridors zwar den Eltern entgegengekommen, habe dafür aber die Planung von Kommunen und Kindergärten massiv erschwert. „Ich finde es unmöglich, dass der Einschulungskorridor derart kurzfristig und vor allem ohne Rücksprache mit den Kommunen eingeführt wurde.“ Auch wenn heuer alles glatt laufen werde, „kann es uns in den nächsten Jahren passieren, dass plötzlich für diese Kinder nicht ausreichend Kindergartenplätze zur Verfügung stehen“. Diese Engpässe müssten die Kommunen und Kitas ausbügeln.

Bayerns Familienministerin Kerstin Schreyer (CSU) zeigt Verständnis für die Kritik. „Die Umsetzung ist alles andere als glücklich gelaufen“, lässt sie auf Nachfrage mitteilen. Dass die Eltern bis zum 3. Mai Zeit für ihre Entscheidung hatten, sei nicht mit dem Familienministerium abgestimmt gewesen. „Mit Kultusminister Piazolo ist deshalb vereinbart, den Anmeldetermin zur Einschulung ab dem nächsten Jahr auf März vorzuverlegen.“ Das werde die Situation hoffentlich entspannen.

Laut Familienministerium müssen die Kommunen nun ihren Bedarf benennen und gegebenenfalls reagieren. Denkbar wäre, die Zahl der genehmigten Plätze zu erhöhen, „was aber eine Einzelfallprüfung voraussetzt“ und den Regierungen und Landkreisen obliege. In Peiting versucht die Gemeinde nun gemeinsam mit den Trägern, Lösungen für alle Familien zu finden. „Wir wollen, dass alle Kinder, die einen Platz brauchen, auch unterkommen“, sagt Stefan Kort.

Kommunen und Kitas müssen die

Reform ausbügeln

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