Indersdorf – Christian Fischer zuckt nicht oft zusammen, wenn es gewaltig blitzt und donnert. Er ist Gewitterjäger – und deshalb leidenschaftlich gerne dort, wo es ordentlich kracht. Doch Montagabend ist sogar Fischer einmal kurz zusammengezuckt. „Der Blitz hat nur zehn Meter entfernt von meinem Auto eingeschlagen“, erzählt der 44-Jährige aus Indersdorf (Kreis Dachau). So was erlebt man nicht alle Tage – nicht mal, wenn man seit 30 Jahren jedem Gewitter entgegenfährt.
Für gewöhnlich steigt Fischers Puls während eines Gewitters jedoch eher aus Faszination. Er mag es, wenn er die Kraft der Natur spürt. „So ein Gewitter ist doch einfach was Beeindruckendes“, schwärmt er. „Das fand ich schon, als ich noch ein kleines Kind war.“ Andere saßen ängstlich in ihrem Bett, er hätte sich am liebsten nach draußen in den Garten gestellt. Und das ist heute auch noch so.
Deshalb gehört es zu Fischers Tagesroutine, Wettermodelle und Wetterkarten zu beobachten. „Wenn es ums Wetter geht, lerne ich ständig dazu“, sagt er. Auch dank seines Stammtisches – dort sitzen hauptsächlich Meteorologen und Gewitterjäger zusammen. Gespräche übers Wetter haben in dieser Runde naturgemäß eine andere Dimension als an den meisten anderen Stammtischen.
Fischers Freunde haben ihn irgendwann gebeten, eine Facebook-Gruppe zu gründen, um von seinem Wissen ums Wetter zu profitieren. „Servus, Fischi, erwischt’s uns heute?“, fragte dort ein Bekannter am Montagnachmittag. Für Christian Fischer stand da schon längst fest, dass sich etwas über Südbayern zusammenbraut – und dass es sich lohnen wird, dem Gewitter entgegenzufahren. Auf dem Beifahrersitz saß seine Frau. „Sie hab ich mit meiner Leidenschaft längst angesteckt“, sagt er und schmunzelt. Meistens begleitet sie ihn.
Das Gewitter am Montag war aber selbst für Unwetter-Erprobte wie die Fischers gewaltig. Die beiden bauten ihr Stativ an einem Aussichtspunkt westlich von Bergkirchen auf. Mit gutem Blick auf den Nachbarlandkreis Fürstenfeldbruck. „Und plötzlich kam ein zweites Auto mit quietschenden Reifen angefahren“, erzählt er. Drei ebenfalls mit Kameras und Stativ bewaffnete Holländer sprangen raus, fotografierten wie wild Blitze und Wolken und waren genauso schnell wieder weg, wie sie aufgetaucht waren. Fischer schmunzelt. „Gewitterjäger gibt es eben nicht nur in Bayern“, sagt er. „Und dieses Unwetter hat sich so gut angekündigt, dass es sogar weite Anreisen möglich gemacht hat.“
Christian Fischer vermutet, dass selten ein Gewitter so gut dokumentiert wurde wie das am Pfingstmontag – und zwar nicht nur von Gewitterjägern. Genug Motive boten sich schließlich auch allen, die dem Gewitter nicht entgegengefahren sind, sondern es mit gezücktem Handy im Auto oder von zu Hause aus beobachteten.
Für Gewitterjäger wie Christian Fischer ist der Tag nach dem Unwetter besonders schön. Dann geht es ans Fotos durchsehen – nach oder vor seiner Arbeit als Servicetechniker. Wenn sich an Bayerns Himmel nichts zusammenbraut, dreht sich sein Alltag meist um Kopiergeräte. „Manchmal spürt man schon während des Gewitters, dass einem ein tolles Motiv gelungen ist“, sagt er. Die schönsten Bilder hängt er sich zu Hause auf. Nach drei Jahrzehnten als Gewitterjäger ist natürlich nicht mehr ganz so viel Platz an den Wänden frei. Aber es gibt ja noch das Internet – und dort entsprechende Seiten, auf denen Gewitterjäger ihre Bilder präsentieren. Außerdem ist für Christian Fischer nach dem Gewitter sowieso vor dem Gewitter. Und nach den Prognosen für die kommenden Tage könnte es sein, dass ihm diese Woche noch einmal ein gutes Bild gelingt.