Almauftriebe starten mit Verspätung

von Redaktion

München – Die Almsaison in Oberbayern startet heuer vielerorts mit Verspätung. Grund sind die großen Schneemengen, die erst nach und nach wegschmelzen. „Vor allem an den Hochalmen und in schattigen Lagen liegt noch Einiges“, sagt Hans Stöckl vom Almwirtschaftlichen Verein Oberbayern. Während viele Bauern ihre Tiere in den vergangenen Jahren schon Ende Mai oder Anfang Juni auftrieben, geht es heuer erst jetzt so richtig los.

„Die meisten sind jetzt gerade mittendrin oder starten in den kommenden Tagen“, sagt Stöckl. Viele der niedriger gelegenen Almen bis zu einer Höhe von 1100 Metern sind schon „bestoßen“, wie die Almbauern sagen. Doch in den höheren Lagen – in Oberbayern ziehen sich die Almflächen bis auf 1800 Meter – mussten die Bauern noch mit Lawinenschäden und umgeknickten Zäunen kämpfen.

Genaue Zahlen, wie viele Rinder in diesem Jahr auf die 710 oberbayerischen Almen geschickt werden, hat Stöckl noch nicht. Aber er rechnet mit einer ähnlichen Zahl wie im vergangenen Jahr. Da waren es rund 22 000 Rinder, ein knappes Drittel davon als sogenanntes Fremdvieh, also Rinder, die der Almbauer im Auftrag anderer Landwirte aus dem Tal auf seine Weideflächen in die Berge auftreibt.

Im Allgäu ist die Situation ganz ähnlich. „Auch bei uns haben sich die Auftriebe teilweise bis zu zwei Wochen verschoben, weil sich die Vegetation verzögert entwickelt hat und ab 1500 Metern noch viel Schnee liegt“, sagt Michael Hönisch vom Alpwirtschaftlichen Verein im Allgäu. „Gerade bei Bad Hindelang und bei Oberstdorf liegt nach Lawinenabgängen noch sehr viel Geröll auf den Flächen und die Wege sind teilweise verschüttet.“ Das Interesse der Bauern im Tal, ihre Rinder auf die Alm- und Alpweiden zu schicken, sei aber nach wie vor groß. „Die Züchter wissen die Vorteile zu schätzen“, sagt Hönisch. Denn Alpvieh sei durch die Bewegung, die frische Luft und das frische Weidegras gesünder und robuster. Zudem müssen manche Bauern mit der neuen Düngeverordnung darauf achten, dass ihr Viehbesatz nicht zu hoch ist. „Da hilft es, die Jungviehaufzucht im Sommer auf die Alpflächen auszulagern“, sagt Hönisch. Im Allgäu werden heuer wohl 28 000 Rinder aufgetrieben.

Der ein oder andere Wanderer wird in diesem Jahr auf eine Neuerung auf den Almen stoßen. Viele Bergbauern stellen heuer grüne Warnschilder auf. „Achtung Weidetiere“, heißt es darauf. Wanderer werden gebeten, Abstand zu halten, Hunde an der Leine zu führen und bei Gefahr die Leine loszulassen. Hintergrund ist ein tragischer Unfall in Tirol, bei dem eine Wanderin, die mit ihrem Hund unterwegs war, von einer Kuh totgetrampelt wurde. Um gemeinsam zu sensibilisieren, suchten die Almbauern den Schulterschluss mit Touristikern. In vielen oberbayerischen Alpenlandkreisen übernehmen nun die Tourismusverbände die Kosten für die ersten Schilder. Die Nachfrage ist offenbar groß. „Die ersten 200 Schilder sind schon weg“, sagt Sarah Müllinger von Chiemsee-Alpenland Tourismus. „Wir haben schon eine neue Charge geordert.“  dg

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