Die Sperrung von Badeinseln und Stegen aus haftungsrechtlichen Gründen sorgt für Empörung. In Weilheim haben Bürger Schilder an Bänken angebracht, auf denen steht, dass die Bänke abgebaut würden – man könne „darüber stolpern, sich verletzen und wir haften auch noch dafür“. Franz Dirnberger, Direktor des Bayerischen Gemeindetages, erklärt, warum die Kommunen auf Nummer sicher gehen müssen.
In Weilheim sind als Reaktion auf die Sperrung eines Badestegs Schilder aufgetaucht, auf denen steht, die Sitzbänke würden aus Haftungsgründen abgebaut…
…und man muss sagen, im Grunde stimmt’s: Wenn die Stadt eine Bank aufstellt, die Bank morsch ist und jemand setzt sich darauf und verletzt sich, dann haftet die Stadt tatsächlich. Es ist leider so.
Verstehen Sie, dass die Sperrung der Badestege die Bürger ärgert?
Natürlich kann ich das verstehen. Nur: Die Bürger, die das jetzt kritisieren, müssen auf der anderen Seite sehen, dass, wenn etwas passiert, unter Umständen der Bürgermeister persönlich haftet. Da sagt keiner: „Das Risiko geh ich ein, macht ja nix, wenn ich Pech habe, kommt halt der Staatsanwalt.“ Das ist keinem Bürgermeister und keiner Bürgermeisterin zuzumuten. Ganz davon abgesehen, was zivilrechtlich auf eine Gemeinde zukommen kann. Es sind die gleichen, die jetzt schimpfen, die im Schadensfall den Finger auf die Gemeinde richten.
Raten Sie den betroffenen Gemeinden, Stege zu schließen und Badeinseln abzubauen?
Es kommt auf den Einzelfall an. Die Entscheidung, die das Ganze wohl in Gang gebracht hat, ist inzwischen eineinhalb Jahre alt und betraf ein von einer Gemeinde betriebenes Naturbad, in dem ein Kind nach einem Unfall irreparable Hirnschäden erlitten hatte. Die Rechtslage hat sich als solche aber seit Jahrzehnten nicht verändert: In dem Moment, in dem die Gemeinde eine bestimmte Einrichtung für die Öffentlichkeit bereitstellt, haftet sie dafür, dass von dieser Einrichtung keine Gefahr ausgeht. Wenn eine Gemeinde zu uns kommt, schauen wir uns den Einzelfall an und geben eine Einschätzung ab. Wir versuchen dabei natürlich, das Risiko für die Gemeinde so gering wie möglich zu halten.
Ist es riskanter für Gemeinden geworden, der Öffentlichkeit etwas zur Verfügung zu stellen?
Die angewandten Regelungen gibt es ja seit Jahrzehnten. Aber die Stimmungslage hat sich verändert. Weil vermehrt Entscheidungen über Haftungsfälle gefallen sind, sind sich die Gemeinden dieser Risiken stärker bewusst geworden. Wenn was passiert, wird sofort geklagt. Jede Gemeinde muss damit rechnen, dass sie dran ist, wenn ein Schadensfall eintritt. Und die Bürger fordern das ein, das ist ihr Recht.
Gäbe es im Fall der Badestege Alternativen zur Schließung?
Das ist Haftungsrecht, da kann selbst der Gesetzgeber nicht viel machen. Darum glaube ich nicht, dass sich das ändern wird. Wenn eine Gemeinde so eine Anlage zur Verfügung stellt, muss sie dafür sorgen, dass von ihr keine Gefahr ausgeht. Interview: Kathrin Brack