Fronleichnam: Jugend spielt tragende Rolle

von Redaktion

Fronleichnam hat in Benediktbeuern eine lange Tradition. Genau genommen die längste in Süddeutschland: Die erste Prozession datiert zurück auf das Jahr 1273. Es ist nicht das Einzige, das hier besonders ist: Im Loisachtal spielt die Jugend bei diesem alten Fest eine tragende Rolle.

VON KATHRIN BRACK

Benediktbeuern – Die Muttergottes wird von vier ledigen Frauen in Jungfrauentracht getragen, so ist es Brauch. In Benediktbeuern (Kreis Bad Tölz-Wolfratshausen), wo die älteste Fronleichnamsprozession Süddeutschlands auf das Jahr 1273 datiert, sind es vier prachtvolle Madonnen, die die beiden Umzüge zum Feiertag begleiten. Am Donnerstag verläuft der vier Kilometer lange Weg durch den Ort. Am Sonntag versammeln sie sich zur Flurprozession, die ins benachbarte Bichl führt.

Die Trägerinnen, junge Frauen aus Benediktbeuern, Ried, Bichl und Steinbach, haben die Figuren auf ihre Sänften gesetzt, heute bekommen sie ihren Blumenschmuck. „Nelken und ein bisserl Grün“, sagt Franziska Rest. Die 22-Jährige läuft bei den Jungfrauen mit. „Für uns ist es eine Ehre. Freilich ist es auch anstrengend, vor allem in unseren engen Miedern.“ Sie tragen alle die gleiche Tracht aus schwerer, schwarzer Seide, mit weißem Schurz und aufwendigem Geschnür.

Die Tracht ist ein Grund, warum sie in Benediktbeuern am Fronleichnamstag morgens gespannt zum Himmel blicken. Die Jungfrauentracht wird den Frauen auf den Leib geschneidert oder vererbt. Franziskas Tracht trug schon ihre Mama bei der Hochzeit. Die Bichlerin Marina Huber hat die Tracht von der Urururoma bekommen. Regnet es, gibt es eine Absage. „Bis 8 Uhr muss entschieden sein, ob die Prozession stattfindet“, sagt Christian Höck, der Mesner von St. Benedikt.

Auch die Fahnentücher sollen nicht unter schlechtem Wetter leiden. „Praktisch alles ist aus der Barockzeit“, sagt Höck. „Die Fahnentücher sind über 200 Jahre alt.“ Ein besonderes Spektakel seien die drei großen Fahnen, die sie zur Prozession am Sonntag nach Bichl mitnehmen. Zwölf Meter misst die längste. Die Fahnen zu tragen, ist Aufgabe der Burschen. „Die können nicht mit einem Gurt getragen werden, sie müssen sie also von Hand ausbalancieren.“

Pfadfinder, Schützen, Kommunionkinder, Kapellen, der Chor, die Schwestern: In der Benediktbeurer Prozession hat jeder seinen Platz. Die Prozessionsordnung besteht aus 25 Teilnehmergruppen, inklusive dem Allerheiligsten unterm Traghimmel. Nach dem Gottesdienst um 8 Uhr nehmen sie Aufstellung, warten, bis die Kochelseebahn Benediktbeuern durchfahren hat, und laufen los. Dabei passiert mitunter Kurioses: Während des G7-Gipfels in Elmau war ein Konvoi samt Polizei auf der Bundesstraße unterwegs, als die Prozession die Straße queeren wollte. Tatsächlich blieben alle Fahrzeuge stehen und warteten. „Fronleichnam hatte Vorfahrt“, sagt Christian Höck und schmunzelt. Er hütet das gesammelte Wissen zusammen mit Bildern aus den vergangenen Jahren in einem blauen Ringordner. Darin stehen neben der Aufstellung alle Telefonnummern, die Träger und was es bei der Vorbereitung zu beachten gilt.

Die Benediktbeurer fühlen sich ihrer Tradition verpflichtet. Trotzdem wird es schwieriger, Nachwuchs zu finden oder die Leute zur Teilnahme zu animieren. „Bei uns sollte es – wie überall – eigentlich keine Zuschauer geben, denn jede und jeder ist eingeladen mitzugehen“, sagt Höck. Dass die Menschen in den Pfingstferien Urlaub machen, merke man freilich auch hier. Sie kommen trotzdem regelmäßig auf rund 1800 Teilnehmer, denen Pfarrer Heiner Heim am Ende im Klosterhof den Segen spendet, bevor es mit Marschmusik ins Gasthaus geht. Bis es so weit ist, ruhen die vier hölzernen Madonnen auf ihren Sänften in der Basilika St. Benedikt und warten auf den Beginn der ältesten Fronleichnamsprozession Süddeutschlands.

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