Freising – Sie wollten einfach nur nach Hause: Rund 1100 Kilometer betrug die Strecke, die Ursula D. (72) mit ihren beiden Enkeln Luisa (12) und Vitus (11) für 208 Euro gebucht hatte. Von Warschau (Polen) nach München, mit Umsteigen in Prag (Tschechien). Montag um fünf Uhr sollten sie planmäßig ankommen. Eigentlich. Doch auf dieser Fahrt im Flixbus erlebte die Familie aus Freising den Horror aller Reisenden: Nachts saß die Seniorin mit beiden Kindern plötzlich auf der Straße – vom Fahrer einfach zurückgelassen.
Das Problem: Ursula D. wurde auf der Fahrt im Bus der Pass gestohlen. Beim Umsteigen in Prag weigerte sich der Fahrer dann, sie mitzunehmen. „Das Ticket hatte ich ausgedruckt dabei, aber ich konnte mich leider nicht mehr ausweisen“, sagt die Seniorin. Der Flixbus-Fahrer weist sie ab: Die Mitfahrt sei nicht möglich, obwohl die Enkel Kinderausweise mit Foto vorzeigen konnten. Für den Fahrer egal: Er ließ die Seniorin und beide Kinder um Mitternacht am Busbahnhof zurück.
Ohne Pass, ohne Geld. In dieser Not wendet sich Agnieszka M., die Tochter von Ursula D. und Mutter der beiden Kinder, an den Kundenservice von Flixbus. „Alle drei waren in Panik“, berichtet sie, „doch unsere Beschwerde wurde von Flixbus ignoriert.“
Vor Ort spitzte sich derweil die Lage zu: Ursula D. ist auf Medikamente angewiesen, durch den Stress kollabiert sie und muss behandelt werden. Die Polizei hilft der Oma und den Enkeln letztlich weiter: Sie stellen einen Raum zur Verfügung, wo das Trio übernachten kann. Vom Konsulat fordert die Polizei Ersatzdokumente an, erst Montagmittag konnten Ursula D. und die Kinder die Fahrt per Zug fortsetzen, am späten Abend kamen sie erschöpft an. „Gott sei Dank waren alle wohlauf“, sagt Agnieszka M., die ihre Mutter und die Kinder in Fröttmaning abholte und heim nach Freising fuhr.
Über das Reiseunternehmen sagt sie: „Wir sind enttäuscht, aber vor allem erschrocken über den Mangel an Kundenservice.“ Auch via Facebook hatte sie sich beschwert: „Flixbus schrieb später nur zurück, sie hoffen, dass alle gut angekommen sind.“ Die Mutter findet: „So darf sich das Unternehmen nicht aus der Verantwortung stehlen.“ Es habe „auf ganzer Linie versagt“.
Ein Sprecher entschuldigt sich: „Dass der Verlust des Ausweises für die Reisenden solch unangenehme Folgen hatte, bedauern wir sehr. Dennoch kann Flixbus Fahrgäste ohne Ausweisdokument nicht über Ländergrenzen hinweg befördern.“ Wenigstens hätte der Fahrer den Kontakt zum Kundenservice herstellen müssen.