Mann stürzt vor Augen des Schwagers in den Tod

von Redaktion

VON KATHARINA BROMBERGER

Garmisch-Partenkirchen – Von einem Einsatz „in der oberen Liga“ spricht Hanni Zollner von der Bergwacht Garmisch-Partenkirchen. Weil das Unglück so tragisch, die Umstände so schwierig waren. Ein Einsatz, der sich über zwei Tage hinzog und bei dem die Retter nur noch eine Leiche bergen konnten.

Am Dienstagvormittag gegen 10 Uhr erreichte die Bergwacht der Alarm: Ein Mann ist an der Zugspitze abgestürzt. Wie sich später herausstellte, waren zwei Niederländer, die in Ehrwald ihren Urlaub verbrachten, am Morgen mit der Gletscherbahn vom Platt auf die Zugspitze gefahren. Den Rückweg wollten sie zu Fuß antreten. Etwa zehn Minuten waren sie der Polizei zufolge unterwegs, da verlor einer der beiden den Halt, auf einem Altschneefeld rutschte der 50-Jährige aus – und stürzte etwa 150 Höhenmeter in die Tiefe. Direkt unter der Gletscherbahn blieb er liegen. Sein Schwager musste das Unglück mitansehen. Er alarmierte sofort die Bergwacht. Der Notarzt aber konnte nur noch den Tod des Mannes feststellen. Er hatte sich bei dem Sturz tödliche Kopfverletzungen zugezogen.

Die Bergung der Leiche gestaltete sich äußerst kompliziert. Konnte der Notarzt noch mit dem Helikopter zur Unfallstelle geflogen und der Schwager ebenfalls mit dem Helikopter ins Tal gebracht werden, verschlechterte sich das Wetter rasch. Ein Hubschrauberflug – unmöglich. Die Sicht war miserabel, die Gewitterneigung stieg. Lange dachten die Einsatzkräfte am Dienstag, sie könnten den Toten doch noch bergen. Doch dann gaben sie auf, kamen am Mittwochmorgen zurück.

Stunden dauerte der Einsatz. Erst gegen 16 Uhr endete er. Wieder konnte die Retter aufgrund des Nebels kein Hubschrauber unterstützen. Sieben Einsatzkräfte der Bergwacht sowie zwei Männer der Alpinen Einsatzgruppe der Polizei seilten den Leichnam aufwändig etwa 500 Meter Richtung Zugspitzplatt ab. Mit der Zahnradbahn wurde er schließlich – abgeschirmt von Touristen – ins Tal gebracht.

Der Einsatz aber blieb Besuchern nicht verborgen. Von der Gletscherbahn aus dürften ihn einige beobachtet haben. Der Betrieb lief regulär weiter. Dafür haben sich die Verantwortlichen des Unternehmens bewusst entschieden.

Der Grund: Gerade bei den aktuellen Verhältnissen gestaltet sich das Stück zwischen dem Gletscherrestaurant Sonnalpin und Gipfel als anspruchsvoll. Viele Bergsteiger nutzen daher für die gut 400 Höhenmeter die Bahn. Sie seien darauf angewiesen. „Wir stehen hier in der Verantwortung“, betont Verena Lothes, Sprecherin der Bayerischen Zugspitzbahn.

Die beiden Männer, das betont Zollner von der Bergwacht ausdrücklich, waren gut ausgerüstet. „Es war einfach ein tragischer Bergunfall, eine Verkettung unglücklicher Umstände.“ Damit tritt der Garmisch-Partenkirchner auch Reaktionen in den sozialen Medien entgegen, die ihn fassungslos machen. Kommentare wie „selbst schuld“. Zollner sagt dazu: „Hier ist ein Mensch gestorben.“ Grotesk, dass Zollner das extra betont. Es zeigt, mit welchen Entwicklungen sich Retter wie er auseinandersetzen, wie sensibel sie auf soziale Medien regieren.

Bewusst haben sich Bergwacht und Polizei dagegen entschieden, das Unglück bereits am Dienstag zu melden. Nicht nur, weil der Einsatz noch nicht abgeschlossen war. Sondern auch und vor allem, weil sie einen „Katastrophentourismus am Berg“ unbedingt vermeiden wollten. Ob er eingesetzt hätte – Zollner weiß es nicht. In Zeiten von Plattformen wie Instagram, Facebook und Co. aber gut möglich, meint er. „Womöglich werden dann sofort Bilder und vor allem irgendwelche falschen Meldungen verbreitet.“ Dieses Risiko war ihm und seinen Kameraden zu groß.

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