Regensburg – Der Regensburger Oberbürgermeister Joachim Wolbergs kommt nach einem monatelangen Korruptionsprozess mit einem blauen Auge davon. Das Landgericht in der oberpfälzischen Stadt sprach den 48-Jährigen am Mittwoch in allen bis auf zwei Anklagepunkten frei. Zwar urteilte die Große Wirtschaftskammer, Wolbergs sei der Vorteilsannahme schuldig, direkt bestraft wurde er dafür aber nicht.
Auf den Chefsessel im Rathaus zurück darf Wolbergs erst einmal nicht, seine Suspendierung vom Amt des Oberbürgermeisters bleibt bestehen. Wolbergs musste sich seit vergangenem Herbst wegen Vorteilsannahme und Verstoßes gegen das Parteiengesetz vor dem Landgericht verantworten. Es ging in dem Prozess unter anderem um die Frage, ob Spenden des mitangeklagten Bauunternehmers Volker Tretzel an die SPD im Kommunalwahlkampf 2014 und an den Fußballverein SSV Jahn Regensburg bei der Vergabe eines Bauprojektes an Tretzels Firma eine Rolle spielten.
Tretzel bekam am Mittwoch wegen zwei Fällen der Vorteilsgewährung und fünf Verstößen gegen das Parteiengesetz eine Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten auf Bewährung und eine Geldauflage von 500 000 Euro.
Sein früherer Mitarbeiter Franz W. muss als Mittäter eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen à 25 Euro zahlen. Der ehemalige Fraktionsvorsitzende der SPD im Regensburger Stadtrat, Norbert Hartl, wurde gänzlich freigesprochen.
Wolbergs war als SPD- Kandidat zum Oberbürgermeister gewählt worden, trat aber im Zuge des Prozesses aus der Partei aus und gründete einen eigenen Wahlverein. Er hat schon angekündigt, dass er plant, bei der Wahl 2020 wieder als OB-Kandidat anzutreten. Die Staatsanwaltschaft hatte Wolbergs neben Vorteilsannahme und Verstoß gegen das Parteiengesetz auch Bestechlichkeit zur Last gelegt und eine Gefängnisstrafe von viereinhalb Jahren gefordert. Seine Verteidiger plädierten auf Freispruch. Heftige Kritik übte die Vorsitzende Richterin Elke Escher an der Ermittlungsarbeit der Anklagebehörde. So sei das Aufzeichnen von Daten beim Abhören von Telefonaten teilweise grundrechtswidrig gewesen. Einen der Anklagepunkte bezeichnete sie als „geradezu abenteuerlich“. Wolbergs indes habe sich sehr detailreich geäußert. Doch seine vorgelegten Beweise, soweit sie entlastend waren, hätten die Ankläger kaum gewürdigt. „Man könnte sagen ignoriert.“
Die Anklagebehörde wies das zurück und kündigte Revision gegen das Urteil beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe an. Manche Äußerungen in der Urteilsbegründung über die Arbeit der Staatsanwaltschaft irritierten auch in rechtlicher Hinsicht, teilte Oberstaatsanwalt Markus Pfaller mit.
Das Gericht lastete Wolbergs schlussendlich zwei Fälle der Vorteilsannahme im Zusammenhang mit Parteispenden aus den Jahren 2015 und 2016 an. Dabei geht es den Angaben nach um rund 150 000 Euro. Der verbliebene Schuldvorwurf relativierte sich erheblich durch die Feststellung, dass der Oberbürgermeister stets im Glauben an die Zulässigkeit der Spenden und damit in einem, wenn auch vermeidbaren, Verbotsirrtum gehandelt hatte“, erklärte das Gericht. Für eine Verurteilung vor allem wegen Bestechlichkeit oder Annahme privater Vorteile sah die Kammer keine Grundlage.
Die Folgen des Prozesses für den Oberbürgermeister seien dramatisch, sagte Richterin Escher. Er sei praktisch ruiniert. Von einer Strafe sah das Gericht deswegen ab. Besonders negativ habe sich die Inhaftierung ausgewirkt, die die Suspendierung nach sich gezogen habe.
Kurz nach dem Urteilsspruch forderte Wolbergs die Aufhebung seiner Suspendierung, die Ende Januar 2017 von der Landesanwaltschaft ausgesprochen worden war. „Über diese Stadt ist der Schleier der Korruption gelegt worden. Und es ist alles Unsinn“, sagte der Politiker sichtlich emotionsgeladen. „Seit drei Jahren bin ich behandelt worden wie ein Stück Scheiße“, polterte er.
Doch Wolbergs bleibt vorerst suspendiert, wie die Landesanwaltschaft bestimmte. Die Münchner Behörde werde erst einmal die schriftliche Urteilsbegründung abwarten und den Fall dann erneut prüfen.