Regensburg – Nach dem Urteil im Regensburger Korruptionsprozess hat die Vorsitzende Richterin Elke Escher ausführlich begründet, weshalb das Gericht beim suspendierten Oberbürgermeister Joachim Wolbergs von einer Strafe abgesehen hat. Das Landgericht hatte den 48-jährigen Politiker in lediglich zwei Anklagepunkten schuldig gesprochen.
Möglich mache den Verzicht auf eine Strafe der Paragraf 60 im Strafgesetzbuch. Dieser lautet: „Das Gericht sieht von Strafe ab, wenn die Folgen der Tat, die den Täter getroffen haben, so schwer sind, dass die Verhängung einer Strafe offensichtlich verfehlt wäre. Dies gilt nicht, wenn der Täter für die Tat eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr verwirkt hat.“ Dieser Paragraf werde nur selten angewandt, so Escher. Er sei jedoch keine Ermessensfrage, sondern zwingend – sofern die Voraussetzungen hierfür erfüllt seien. Das sei bei Wolbergs der Fall.
Escher ging auf die gesundheitlichen, finanziellen und beruflichen Auswirkungen ein, die der Prozess für Wolbergs hatte. „Das Verfahren hat zum finanziellen Ruin geführt.“ So seien mit der Suspendierung vor zweieinhalb Jahren seine Bezüge als OB von der Landesanwaltschaft gekürzt worden. Um die Anwaltskosten zahlen zu können, habe er finanzielle Rücklagen und sein zu erwartendes Erbe aufgebraucht. Wolbergs selbst hatte im Laufe des Verfahrens gesagt, sich einen weiteren Prozess nicht mehr leisten zu können.
Wolbergs’ berufliche Existenz sei zerstört, so die Richterin. Es sei unklar, ob oder wann er in sein Amt zurückkehren und somit auch wieder seine Bezüge erhalten werde. Er sei Berufspolitiker und habe keine abgeschlossene Berufsausbildung, sodass er nicht ohne Weiteres in einem anderen Bereich tätig werden könne. Angesichts weiterer Anklagen gegen Wolbergs sagte Escher: „Es ist nicht absehbar, wann er wieder einer geregelten Arbeit nachgehen und ein selbstbestimmtes Leben führen kann.“ Die Ermittlungen und das Verfahren seien belastend gewesen, zumal monatelang über Vorwürfe verhandelt worden sei, die sich größtenteils nicht bestätigt hätten. Bis heute sei Wolbergs in psychologischer Behandlung, um die Erlebnisse seit Ermittlungsbeginn verarbeiten zu können. lby