München – Münchens Radwege werden zum Politikum. Die Initiatoren des Radentscheids München haben für ihre beiden Bürgerbegehren 160 000 Unterschriften gesammelt und gestern an Münchens OB Dieter Reiter (SPD) übergeben – nach eigenen Angaben mehr als bei jedem anderen Münchner Bürgerbegehren zuvor. Nun muss das Plenum am 24. Juli entscheiden, ob es die Forderungen des Radentscheides umsetzt. Andernfalls käme es zu einem Bürgerentscheid, der mit einiger Gewissheit erfolgreich sein würde, bedenkt man, dass mehr als zehn Prozent der Bevölkerung bereits jetzt ihre Unterschriften für das Bürgerbegehren abgegeben haben. Zudem würde der Entscheid mitten in den Kommunalwahlkampf fallen und vermutlich eher den Unterstützern als den Gegnern helfen. Zu den Initiatoren zählen der Fahrradclub ADFC, der Bund Naturschutz und der Verein Green City, aber eben auch die Grünen, die ÖDP und die Linkspartei. Die politische Brisanz ist mithin allen Beteiligten im Münchner Rathaus gewahr, vor allem natürlich den schwarz-roten Kooperationspartnern. Die Forderungen des Radentscheids umzusetzen ist im Detail gleichwohl nicht möglich.
Die Initiatoren verlangen in einem der beiden Bürgerbegehren unter anderem nach sichereren und breiteren Radwegen, einem stadtweiten lückenlosen Radverkehrsnetz und flächendeckenden Abstellplätzen. Das zweite Bürgerbegehren setzt sich für einen Radlring um die Altstadt ein (wir berichteten). Dieser Punkt ist am wenigsten strittig. Der Stadtrat hatte bereits ein Konzept für einen Altstadt-Radlring in Auftrag gegeben. Die Studie soll auch Klarheit zur Trassenführung bringen. Der ADFC hatte zwischenzeitlich ein eigenes Konzept entworfen. Ob dies nun so umgesetzt wird, ist bis zum Vorliegen der städtischen Untersuchungen offen. Das zweite Bürgerbegehren bietet mehr Fallstricke. Mit den Schlagworten könne man gut leben, sagt die radpolitische Sprecherin der SPD, Bettina Messinger. Der Teufel stecke im Detail. „Das Bündnis fordert Radwege mit einer Mindestbreite von 2,30 Metern plus Sicherheitsabstand. Das werden wir aber niemals überall so hinbekommen.“ Beispiel sei die Ludwigsbrücke. Der Stadtrat hatte jüngst mehrheitlich beschlossen, dort im Rahmen der Sanierung eine Auto-Fahrspur pro Richtung wegzunehmen und dafür Radlern und Fußgängern mehr Platz zu geben. „Und selbst dort, wo wir eine Fahrspur wegnehmen, gibt es eine kleine Stelle, an der wir den Radweg nur zwei Meter breit machen können, weil wir Platz für Fußgänger und die Tram brauchen.“ Grundsätzlich aber sehe die SPD, dass das Radwegenetz weiter ausgebaut werden müsse.
Dem pflichtet Sabine Bär bei. Die radpolitische Sprecherin der CSU hat aber ebenfalls Bedenken. „Es braucht Verbesserungen, aber man muss auch realistisch bleiben.“ Man müsse alle Verkehre zufriedenstellen. Der Radentscheid sei ein Impuls, dass den Menschen das Thema am Herzen läge. „Aber die wenigsten machen sich Gedanken, was diese Forderungen im Einzelnen bedeuten.“ Man müsse nun mit den Initiatoren sprechen. „Und vielleicht andere Lösungen finden.“