München – Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann bezeichnete die Vorgehensweise der Staatsregierung als gescheitert – deshalb müsse man die „Notbremse“ ziehen. Um den Druck auf CSU und Freie Wähler zu erhöhen, legte er am Freitag in München einen Gesetzentwurf vor, der verfassungsfest sei und eine Reduktion des Flächenverbrauchs bis 2026 in Etappen auf besagte fünf Hektar pro Tag zum Ziel hat.
Sollte die Regierung den Entwurf nicht ernst nehmen, drohte Hartmann mit einem neuen Volksbegehren. Man werde jetzt die Diskussionen im Parlament abwarten und dazu auch eine Expertenanhörung beantragen. Aber sollten die Zahlen für den Flächenverbrauch weiter nach oben gehen und sich seitens der Regierung konkret nichts tun, werde man im Herbst mit den Bündnispartnern über ein neues Volksbegehren reden. Der Gesetzentwurf, den die Grünen zusammen mit Juristen des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung in Leipzig erarbeitet haben, sieht Folgendes vor: Der Flächenverbrauch soll für das Jahr 2021 auf zehn Hektar pro Tag begrenzt werden, jedes Jahr um einen weiteren Hektar sinken und im 2026 bei nur noch fünf Hektar pro Tag liegen.
Grundidee ist, dass den Kommunen Flächenbudgets zugewiesen werden – wobei überörtliche Planungen etwa für Bundesstraßen diese kommunalen Budgets nicht belasten sollen. Auch ein Kontingent für Härtefälle, Notlagen und überregional bedeutsame Projekte soll es geben, das den Kommunen ebenfalls nicht angerechnet wird.
Ein weiterer Punkt: Grundlage für die Zuteilung der Budgets soll die Einwohnerzahl sein, wobei kleineren Kommunen im Vergleich zu größeren Kommunen mehr Quadratmeter pro Jahr und Einwohner zugeteilt würden. Die Kommunen selbst sollen ihre Budgets ansparen können oder – etwa über sogenannte Entsiegelungsmaßnahmen oder die Rücknahme von Bebauungsplänen – ihre Budgets selber wieder vergrößern können.
Noch bevor die Grünen Details zu ihren Plänen veröffentlichten, gab sich Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger (Freie Wähler) skeptisch: „Strikte Flächenkontingente je Kommune sind aber nicht zielführend und würden viel Streit auslösen, es gibt keine gerechte oder praxistaugliche Formel“, sagte er in München. Die Koalition strebe einen Flächenverbrauch von rund fünf Hektar pro Tag als Richtwert an, aber nicht als starre Obergrenze. Derzeit liege er bei zirka zehn Hektar täglich.
Aiwanger sieht in der Debatte zudem eine unnötige Panikmache, da unter die zehn Hektar auch der Bau von Grünanlagen, Parks, Photovoltaikflächen und Fußballplätzen falle. „Ziemlich genau die Hälfte dieses jetzigen Flächenverbrauchs ist wirklich versiegelt, also zubetoniert.“ Gleichwohl müsste der Neubau von Straßen, etwa umstrittene Umgehungsstraßen, unter die Lupe genommen werden. Der FDP-Politiker Alexander Muthmann warf den Grünen vor, sie schürten „wider besseren Wissens Emotionen“.
Gemeindetagspräsident Uwe Brandl (CSU) urteilte noch härter: Die Grünen führten sich wie ein „Zuchtmeister der bayerischen Gemeinden und Städte“ auf. „Das werden wir nicht hinnehmen.“ Auch sei der Gesetzentwurf aller Voraussicht nach verfassungswidrig, weil ein solches Gesetz massiv in die Planungshoheit der Gemeinden eingreifen würde. Unklar sei zum Beispiel auch, wie kontrolliert werden solle, ob die Gemeinde sich an die Festsetzungen hält. „Der Gesetzentwurf verspricht den Bürgerinnen und Bürgern eine Scheinlösung“, so Brandl.
Erreichen wolle die Staatsregierung die Reduzierung nicht über Verbote, sondern über ein intelligentes Management, betonte Aiwanger. „Wir müssen Flächen sparen, ohne Wohnungsbau und Gewerbeansiedlung zu verhindern.“ In Bayern müsse mehr in die Höhe als in die Breite gebaut werden.