Während sich Urlauber in anderen Bundesländern schon wieder langsam an den Alltag gewöhnen müssen, ist bei uns Aufbruchstimmung. Endlich sind sie da, die großen Ferien. So mancher wird am überfüllten Flughafen oder im endlosen Stau auf der Autobahn aber vielleicht einen „Last Minute“-Gedanken haben: Warum dem Sommermärchen im Freistaat eigentlich entfliehen? Ganz schön viel Stress bis zum Urlaubsziel! An den bayerischen Seen die Seele baumeln lassen, abends im lauschigen Biergarten seine kühle Mass genießen – das wär’s doch eigentlich. Der Caipirinha in der Dominikanischen Republik – plötzlich scheint er gar nicht mehr so verlockend.
Dass flüchtige Gedanken wie diese Folgen haben, beweisen die Zahlen des Statistischen Landesamts: Mehr als 90 Millionen Übernachtungen wurden 2018 gezählt, 80 Prozent waren deutsche Urlauber. Es ist eben was dran: „Wen Gott liebt, den lässt er fallen ins schöne Bayernland…“ Aber jeder hat nun mal seinen eigenen Urlaubstraum. „Ich bin dann mal weg!“ – nur darum geht’s! Endlich den Alltag hinter sich lassen, neue Kraft tanken. Und vielleicht auch dem Smartphone Ferien gönnen? „Lasse dein Handy zu Hause und führe lieber ein Gespräch mit der realen Welt“, so der Ratschlag in einem Urlaubsprospekt. „Keine E-Mails lesen, keine SMS schicken. Genieße die Landschaft, den Meerblick, statt ständig aufs Handy zu starren!“ Digitale Entgiftung im Urlaub heißt das Zauberwort. Unsere Großmütter hätten zweifellos nur Bahnhof verstanden.
In Kontakt bleiben mit lieben Menschen, zeigen, dass man an sie denkt… wunderbar! Aber die Freude über eine Postkarte ist sicher genauso groß. Wer weiß, vielleicht nutzt man den Urlaub zu einem Zwischenstopp bei Freuden, die man schon lange mal wieder besuchen wollte. Nicht vergessen: Am 30. Juli wird schließlich der Internationale Tag der Freundschaft zelebriert. Initiiert wurde er 1958 in Paraguay, 2011 auch von den Vereinten Nationen ausgerufen. Laut dem damaligen Generalsekretär Ban Ki-moon soll er die allgemeine Menschlichkeit stärken. Dass Freunde unverzichtbar sind – wer könnte daran zweifeln? Wie schnell versiegen Tränen im Kindergarten, wenn man einen Freund oder eine Freundin gefunden hat? Wie schnell verfliegt die Angst vor dem neuen Lebenskapitel Schule, wenn man einen kleinen Kameraden an der Seite hat? „Freundschaft ist wie Heimat“, schreibt Kurt Tucholsky. Ich halte es mit Marlene Dietrich, die einmal sagte: „Ein Freund ist jemand, den ich auch mitten in der Nacht anrufen kann.“ Mit Freunden verbinden wir Geschichten, sie sind Zeugen unseres Lebens. Wir haben glückliche Augenblicke miteinander geteilt, aber auch so manchen Schicksalsschlag. „Mit einem Freund an deiner Seite ist kein Weg zu steil“, so ein Sprichwort. Und wer kennt das nicht: Man hat Freunde lange nicht gesehen, doch dann ist die alte Vertrautheit wieder da – so, als hätte man sich nie aus den Augen verloren. Unsere digitale Welt hat offenbar nur wenig dazu beigetragen, echte tiefe Beziehungen zu knüpfen.
Freundschaft als Auslaufmodell? Soziologen befürchten es: „Es geht eher um Beziehungsmarketing. Wer kann mir nützlich sein? Möglichst viele Menschen können ein gewinnbringendes Netzwerk knüpfen. In einer Studie gab jeder vierte Student an, dass er dreimal so viele Menschen kennt als noch vor ein paar Jahren, aber keinen einzigen hat, mit dem er richtig reden kann. Freundschaften, sie müssen gepflegt werden. Die meisten Freundschaften zerbrechen nicht, sondern verwelken.
Gerade habe ich mich von russischen Freunden verabschiedet: Jurij, einst der Thomas Gottschalk Moskaus, und seine zauberhafte Frau. Mit ihm hatte ich 1989 die ZDF-Live-Sendung „Lieder, die wie Brücken sind“ moderiert – die erste und einzige Show, die damals zeitgleich im russischen Fernsehen übertragen wurde. Wie sehr haben Jurij, Tatiana und ich die Sommertage in unserem schönen München genossen!
In Kontakt geblieben waren wir in den 30 Jahren immer. Bis damals eine Telefonverbindung zustande kam, dauerte es oft fünf Stunden. So haben wir uns eben Briefe geschrieben. Freundschaft über die Grenzen hinaus, wärmende Worte im kalten Krieg. Manchmal halte ich die Briefe in meinen Händen und freue mich, dass die Zeilen nicht in der digitalen Welt verschwunden sind.
Wie sagte Kurt Tucholsky: „Freunde sind wie Heimat!“
Herzlich
Ihre Carolin