„Starkes Zeichen“ vom „Lehrermangelleugner“

von Redaktion

München – „Stolze Zahl“, „starkes Zeichen“ – Bayerns Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) verteidigt sich gegen den Verdacht, bei der Lehrerversorgung im Freistaat die Zügel schleifen zu lassen. 4900 neue Lehrer werden zum nächsten Schuljahr neu eingestellt, zum Großteil als Ersatz für pensionierte Lehrkräfte. 1173 Stellen sind jedoch effektive Neueinstellungen. Das ist auch notwendig, denn die Schülerzahl wird in den kommenden Jahren wieder steigen – darauf deutet der Zuwachs in den Grundschulen hin. An der Personalsituation der Schulen dürfte sich also unterm Strich nichts ändern.

Piazolo spricht von einem „starken Signal der Bayern-Opposition“ und weist darauf hin, dass „über die Hälfte aller neuen Stellen beim Staat den Schulen gilt“.

Ein Teil der Stellen wird auf vier Schwerpunkte verteilt: je 100 Stellen für Sonderpädagogen an Schulen mit dem Profil Inklusion sowie für Förderschulen; 130 Stellen für FOS/BOS und Berufsschulen, 264 Stellen für Digitalisierung – unter anderem wird nun sogar bei den Förderschulen das Fach Informatik eingeführt; sowie über 100 Stellen für den Ausbau von Ganztagsschulen.

Die Neueinstellungen ändern freilich nichts an der Tatsache, dass es bei der Lehrerausbildung fast schon traditionell eine Schieflage gibt: Es werden immer mehr Gymnasiallehrer mit dem zweiten Staatsexamen fertig, als der Staat einstellen kann. In diesem Jahr sind es etwa 800 Personen, hinzu kommen Bewerber aus den Wartelisten, die miteinander um nur 700 Stellen konkurrieren werden. Bei bestimmten Fächerkombinationen, etwa Deutsch/Englisch, sind die Aussichten schlecht.

Dafür herrscht bei den Grund- und Mittelschullehrern Volleinstellung – und das schon seit Jahren. Nur als Notbehelf ist zu werten, dass das Ministerium eine Zweitqualifizierung – sprich: Umschulung – von Gymnasiallehrern anbietet, die dafür aber neben der Zusatzausbildung auch noch Abstriche bei der Besoldung in Kauf nehmen müssen. Von einer Höhergruppierung der Grund-, Mittel- und Förderschullehrer, im Wahlkampf von den Freien Wählern noch versprochen, war gestern nicht die Rede. Die SPD spricht von einem „dramatischen Lehrermangel“ an Grund- und Mittelschulen. Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband habe festgestellt, dass 500 Planstellen nicht besetzt werden könnten, erklärt SPD-Fraktionschef Horst Arnold. Piazolo verschweige, wie er dem begegnen wolle, er sei – so wörtlich – „ein Lehrermangelleugner“.

Tobias Gotthardt, für die Freien Wähler Abgeordneter im wichtigen Haushaltsausschuss des Landtags, argumentierte indes, man müsse auch mal schauen, was andere Bundesländer so täten – nämlich weniger als Bayern. Der CSU-Bildungsexperte Gerhard Waschler sprach von „Schwarzmalerei“ der Opposition. Zahlen der Grünen-Landtagsfraktion, die unter Berufung auf den pensionierten Essener Bildungsforscher Klaus Klemm vor einer Lehrerlücke mit tausenden fehlenden Pädagogen im Jahr 2030 warnten, wies Waschler als „weit überhöht“ zurück.

Auch Piazolo meinte, bis 2030 könne man den heutigen Lehrerbedarf und vor allem die Zahl der tatsächlich dann verfügbaren Pädagogen nicht seriös voraussagen. „Das sind ja noch zwei volle Ausbildungszyklen.“

DIRK WALTER

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