München – Antonia Messerschmidt ist im Streikstress. Die 19-Jährige aus München, die derzeit ein Freiwilliges Ökologisches Jahr absolviert, ist Mitorganisatorin des großen Klimastreiks am Freitag ab 12 Uhr auf dem Münchner Königsplatz. Der Streiktag, der die Sitzung des sogenannten Klimakabinetts der Großen Koalition in Berlin begleitet, soll diesmal „deutlich“ größer werden als jemals zuvor. 10 000 Teilnehmer sind angemeldet. Der Streikaufruf („Day to remember – 20. September“) richte sich diesmal nicht nur an Schüler, sondern „explizit an die ganze Gesellschaft“, erklärt die 19-Jährige. Insbesondere sollen auch Arbeitnehmer mitmachen. „Der Streik ist bewusst kurz gehalten, damit auch Werktätige im Rahmen einer längeren Mittagspause teilnehmen können.“
Aber natürlich sind die Schüler allererster Ansprechpartner. Ab dem späten Vormittag dürften sich vor allem die Schulen im Großraum Oberbayern teilweise leeren – die Schüler fahren nach München zur Demo. So haben sich etwa die Fürstenfeldbrucker Schulen um kurz nach 11 Uhr am Bahnhof Buchenau verabredet. Am Münchner Luisengymnasium wurde extra der Stundenplan verkürzt, damit die Demoteilnahme möglich ist.
Andere Schulen machen vor Ort Aktionen – mal in, mal nach der Schulzeit. Wie schon im vergangenen Schuljahr bleibt es den Schulleitern überlassen, ob sie die Streikteilnahme als Schwänzen ahnden. Das Kultusministerium mischt sich nicht ein.
Bei Rainer Dlugosch, Leiter des Gymnasiums Miesbach, haben drei Schüler der Umwelt-AG schon vor einigen Wochen vorgefühlt, ob Sanktionen bei einer Teilnahme an der Münchner Demo drohen. Dlugosch war nicht begeistert – er sieht solche Demos während der Unterrichtszeit kritisch. Jetzt aber ist er froh: Denn die Schüler haben sich für eine Demo vor Ort nach Schulschluss um 13 Uhr entschieden. „Das finde ich super, das unterstütze ich“, sagt Dlugosch. Auch in anderen Städten finden zum Teil mit Unterstützung örtlicher Klima-Aktivisten vor Ort Demos statt, so in Penzberg (11.30 Uhr, Stadtplatz), in Rosenheim (14 Uhr, Max-Josefs-Platz) oder Grafing (13 Uhr, Stadtplatz)
Unter den Firmen in der Münchner Region ist der Aufruf indes bisher auf ein überschaubares Echo gestoßen. Die meisten Unternehmen im Großraum München, die zum Klimastreik aufrufen, sind in der Umwelt- oder Biobranche tätig, etwa der Lebensmittelhändler Basic oder auch das Münchner Umweltinstitut. Für normale Arbeitnehmer hätte die Teilnahme an einem „Klimastreik“ während der Arbeitszeit ernste arbeitsrechtliche Folgen (siehe Kasten) – auch die Gewerkschaften raten von solchen Harakiri-Aktionen ab.
Dennoch solidarisieren sich große Gewerkschaften wie etwa Verdi mit den Streikenden. Verdi-Chef Frank Bsirske erklärte, Fridays for Future mache zu Recht Druck auf die Politik. Verdi-Mitglieder sollten an den Streiks teilnehmen – „wem immer es möglich ist“. Auch die Eisenbahner-Gewerkschaft EVG ruft ihre Mitglieder zur Demo auf. Ein Streik im eigentlichen Sinne gehe natürlich nicht, sagt Sprecher Uwe Reitz. So fahren EVG-Mitglieder aus München, allein 20 von DB Cargo, „in ihrer Freizeit“ zur Großkundgebung nach Berlin. Bei der Deutschen Bahn heißt es dazu, es wäre ja auch „absurd, wenn ausgerechnet die klimafreundliche Bahn bestreikt wird“. DIRK WALTER