Poker um Seegrundstück: Bayern verliert

von Redaktion

Aus der Traum vom schönen Seegrundstück für die Allgemeinheit. Der Freistaat Bayern ist mit seinem Vorhaben gescheitert, ein brachliegendes Areal am Starnberger See zu kaufen.

VON DIRK WALTER

Berg – 1400 Quadratmeter Grund am Ostufer des Starnberger Sees, mit Bootssteg, unbebaut – eine Traumlage. Seit zwei Jahren gibt es ein zähes Tauziehen um ein Filetgrundstück bei Berg (Kreis Starnberg). Gestern ging der Streit vor dem Verwaltungsgericht München in die vorerst letzte Runde: Der Freistaat Bayern unterlag – die sogenannte Ausübung des Vorkaufsrechts wurde aufgehoben. Eine Erbengemeinschaft darf das Grundstück voraussichtlich jetzt weiterverkaufen – sofern nicht noch Rechtsmittel eingelegt werden.

Der Streit begann Ende 2017, als die Erbengemeinschaft Geiger das Grundstück verkaufen wollte. Der Freistaat berief sich auf ein Vorkaufsrecht, untersagte den Verkauf und bot selber 5,3 Millionen Euro an – nicht einmal die Hälfte des zuvor auf dem freien Markt erzielten Preises. Ganz unbillig war das Ansinnen freilich nicht, denn das Recht der Allgemeinheit auf freien Zugang zu den Seen ist verbrieftes Verfassungsrecht (Artikel 141 Bayerische Verfassung) – auch wenn die Wirklichkeit gerade am Starnberger See anders ausschaut.

Gestern ging es vor dem Verwaltungsgericht um die Frage, wie viel das Grundstück wirklich wert ist. Die Angaben variierten stark: Die Erbengemeinschaft hatte das Seegrundstück Ende 2017 für zwölf Millionen Euro veräußert. Ein Gutachter im Auftrag des Freistaats kam auf nicht einmal die Hälfte, nämlich 5,3 Millionen Euro. Mittlerweile hat er seine Angaben korrigiert – auf „6,5 bis 7 Millionen Euro“. Der vom Gericht bestellte Sachverständige Martin Bleifuß indes bezifferte den Verkaufswert des Areals zum Zeitpunkt des Verkaufs auf 9,8 Millionen Euro – eine Schätzung, die er vor Gericht erläutern musste.

Bleifuß hatte sich die Verkäufe in Berg in der Vergangenheit angeschaut, aber zum Vergleich auch die Grundstückspreise in München-Bogenhausen herangezogen. Dazu kamen subjektive Maßstäbe wie die „Aussichts- und Besonnungslage“. Zum letzteren Punkt heißt es in seinem Gutachten sinngemäß, vom Bootssteg aus habe man Gebirgsblick, vom Grundstück zumindest teilweise – zwei Punkte, die den Grundstückswert steigern. „Seegrundstücke werden sehr selten gehandelt“, erläuterte er seine Vorgehensweise, das vom Sachverständigen des Freistaats ein ums andere Mal in Zweifel gezogen wurde.

Letztlich vergebens, denn das Gericht nannte das Gutachten „plausibel“. Und das war der Knackpunkt, denn die Rechtsprechung sagt sinngemäß, wenn ein bereits erzielter Kaufpreis vom Verkehrswert nicht wesentlich abweiche, müsse der Staat den Kaufpreis erstatten – also ebenfalls zwölf Millionen Euro zahlen. Dazu indes ist das Land Bayern – sprich der Haushaltsausschuss des Landtags, der den Kauf absegnen müsste – nicht bereit, wie Landesanwalt Christian Konrad als Vertreter des Freistaats sagte. Daher musste das Gericht entscheiden, das dann das Vorkaufsrecht aufhob.

Die Erbengemeinschaft reagierte „erfreut und erleichtert“, wie ihr Rechtsanwalt Heinrich Kaltenegger von der Münchner Kanzlei Labbe & Partner sagte. Die zuständige bayerische Seen- und Schlösserverwaltung gab sich zugeknöpft: „Wir bitten um Ihr Verständnis, dass wir vor Eingang der Begründung des Urteils keine Stellungnahme abgeben werden.“

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