München – In Schongau, aber auch in Passau, Volkach oder Waldsassen, blicken Eisenbahnfans heute gespannt nach München. Im Bayerischen Landtag diskutieren die Abgeordneten über einen Antrag von Alexander Muthmann. Der FDP-Mann fordert Erleichterungen bei der Reaktivierung von Bahnstrecken. Die „starre Vorgabe“, die eine Fahrgast-Prognose von 1000 Reisenden pro Kilometer je Werktag vorsieht, müsse fallen. Ein pauschaler Wert für ganz Bayern sei falsch, findet Muthmann. Besser sei ein Strukturindikator, der in Räumen mit niedriger Bevölkerungsdichte angewandt werde.
Das Ergebnis der Landtagsabstimmung ist absehbar: Muthmanns Antrag wird scheitern – so war es schon im Verkehrsausschuss des Landtags, der den Antrag vorher beraten hat. Im September stimmten nur SPD und Grüne mit der FDP. CSU, AfD und auch die Freien Wähler waren dagegen. Der Freie-Wähler-Abgeordnete Hans Friedl war inhaltlich eigentlich dafür – aber die Koalitionsdisziplin ging vor.
Die Regierungsfraktionen orientierten sich an der Richtlinie des bayerischen Verkehrsministeriums, das auf die Abgasentwicklung verweist: Die meisten stillgelegten Strecken seien ohne Strom, daher müsse man Dieselzüge einsetzen. Ein Bus im Überlandverkehr verbrauche 25 Liter Diesel je 100 Kilometer, ein Dieselzug jedoch 100 Liter. Es rechne sich nur bei mehr als 25 Fahrgästen je Zug. Es mache keinen Sinn, „heiße Luft durch die Landschaft“ zu transportieren.
Solche Worte kommen bei dem „Arbeitskreis Fuchstalbahn“ nicht gut an. 1984 kam das Aus für den Personenverkehr zwischen Schongau und Landsberg, nur Güterzüge rumpeln noch über die Strecke. Mit einem einstimmigen Beschluss unterstützte Anfang November der Kreistag von Weilheim-Schongau die Bestrebungen zur Reaktivierung. Was noch fehlt, ist ein Gutachten zum potenziellen Fahrgastaufkommen – würde nun die 1000er-Grenze fallen, wäre das vielleicht gar nicht notwendig.
Im Mittelfranken ist man schon einen Schritt weiter: Die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) hat der Reaktivierung der Bahnstrecke Dombühl–Wilburgstetten (bei Ansbach/Nördlingen) zugestimmt und garantiert dem Betreiber, 15 Jahre lang Schienenpersonennahverkehr zu bestellen. Ein Anfang – nicht mehr. „Die Zusicherung ist bei Verhandlungen mit Banken nicht belastbar“, sagt Heino Seeger. Zudem sei die Strecke auch sehr kurz, eigentlich müsse sie von Dombühl bis Nördlingen führen. Der frühere Chef der Bayerischen Oberlandbahn engagiert sich in der Mittelfränkischen Eisenbahnbetriebsgesellschaft, die gerade Geld für den Ausbau der eingleisigen Strecke sucht. 20 Millionen Euro sind notwendig, um Bahnhöfe herzurichten, Bahnübergänge zu sichern und ein Fahrgastinformationssystem aufzubauen. Angesichts stockender Verhandlungen mit den Banken fordert Seeger mehr Engagement des Freistaats, am besten eine Bürgschaft.
Auch die 1000er-Grenze müsse fallen, sagt Seeger. Die Zeit, da die Befürworter kleiner Landbahnen als „Eisenbahnfuzzis“ geschmäht wurden, solle der Vergangenheit angehören.