Lernen mit Spaghetti und Pizza

von Redaktion

CSU und freie Wähler wollen das Schulfach Alltagskunde einführen. An Realschulen gibt es bereits einen Prototypen: das Fach „Ernährung und Gesundheit“. Ein Besuch im Praxisunterricht der Dominik-Brunner-Realschule.

VON PAULA L. TRAUTMANN

Poing – „Der beste Koch der Welt“ steht auf der Schürze eines Schülers. Äpfel werden dekogerecht zugeschnitten, Messbecher gezückt, Apfel-, Orangen- und Traubensaft millilitergenau eingeschenkt und mit Mineralwasser gemischt. Es ist die sechste Stunde und 15 Schüler der 7a bereiten einen Vital-Frucht-Drink zu. Bastian und Alex sind mittendrin. Die Jungenklasse hat ihre erste Praxis-Stunde im Fach „Ernährung und Gesundheit“. Gerade haben sie noch eine Kurzarbeit über die Theorie geschrieben: Schnitttechniken wie Krallen- und Tunnelgriff, solche Sachen. Jetzt sollen die Schüler das Gelernte anwenden.

Das Fach soll die Alltagskompetenzen der Schüler stärken. Im Lehrplan heißen die Bereiche Ernährung, Gesundheit und Lebensführung, Umwelt- und Verbraucherbewusstsein sowie Arbeitsprozesse- und Arbeitstechniken. Ähnliches soll auch in dem Fach „Alltagskunde“ unterrichtet werden, das im Zuge des Artenschutz-Versöhnungsgesetzes eingeführt werden soll. An welchen Schularten und Jahrgangsstufen das Fach kommen könnte, ist unklar. Das Realschulfach könnte als Orientierung dienen.

Die Schüler der 7a lernen nicht nur, wie sie gesunde Gerichte zubereiten und nachhaltig einkaufen, sondern auch, wie sie Mahlzeiten bewusst genießen und einen Haushalt ordentlich führen. Dazu gehört auch Abspülen. Und das ist gar nicht so einfach. Ein Junge hat zu viel Spülmittel in das Waschbecken gekippt und es hört nicht mehr auf zu schäumen. „Nur einen Spritzer Spüli“, ermahnt Fachschaftsleiterin Nina Goldmann. „Die ersten Praxisstunden laufen immer etwas chaotisch. Wenn sich die Kinder einmal in der Küche auskennen, ist das schon viel entspannter.“

Unterrichtet wird das Fach nur ein Jahr lang in den siebten Klassen der Realschule. Außer die Jugendlichen wählen danach den hauswirtschaftlichen Zweig. Für den Unterricht werden die Schüler in zwei Gruppen eingeteilt. Die eine Hälfte der Klasse hat Theorie, die andere Hälfte steht für den Praxisunterricht in der Küche. Zwei Schulstunden die Woche, nach fünf Wochen wird gewechselt.

„Theorie is nich so schön“, sagt der zwölfjährige Bastian. Das Fach gefalle ihm aber trotzdem gut: „Ich lerne kochen und kann mich ausprobieren.“ Alex sieht es ähnlich, würde jedoch am liebsten selbst entscheiden, was er kocht. Trotzdem sei er „eigentlich für alles offen.“ Putzen ist bei den Jungs nicht besonders beliebt. „Das ist so ein Thema“, sagt Alex. Und Bastian ergänzt: „Es is schon nervig, aber wenn es nicht gemacht wird, sieht es irgendwann auch nicht mehr schön aus.“ Dass sie die Gerichte in Kleingruppen mit drei bis vier Schülern zubereiten, gefällt ihnen hingegen wieder.

Die Teamarbeit soll durch den Unterricht noch gefördert werden. Die Schüler bekommen Rezepte und Arbeitspläne, auf denen die Arbeitsschritte stehen. Wer welche Aufgaben übernimmt, können sie sich selbst einteilen. Auch einkaufen müssen die Jugendlichen im Voraus auf eigene Faust. Sind die Gerichte fertig gekocht, geht es an die Tischkultur: „Jede Gruppe beginnt gemeinsam zu essen, das soll eine angenehme Kommunikation fördern“, sagt Goldmann. Und so würden sie lernen, wie sie sich bei Tisch zu benehmen haben. Am Ende des Unterrichts übergibt der Teamchef die saubere Küche an den Lehrer, der sie eingehend prüft. Goldmann ist Disziplin wichtig: „Wenn die Küche nicht sauber ist, müssen sie noch einmal ran.“

Doch das Ziel sei, „dass die Schüler im Leben stehen und handeln können“. Für dieses Schuljahr hat sich die Lehrerin deshalb die Themen Nachhaltigkeit, Müllvermeidung und Mülltrennung ausgesucht. Es bestehe Nachholbedarf. „Zuhause werfe ich den Joghurtbecher immer in den falschen Müll“, gesteht Bastian. Goldmann will auch auf Fridays for Future eingehen, „damit sich die Schüler für ihre Zukunft auch im Unterricht einbringen können und nicht nur außerhalb der Schule“.

Neben der richtigen Mülltrennung und Kochen lernen die Schüler auch, was Kohlenhydrate und Fette sind. Goldmann bringt ihnen bei, was eine gesunde Ernährung ist. „Sie lernen auch, wie sie eine Nährwerttabelle lesen müssen“, sagt die Lehrerin.

Um die Schüler für ihre Arbeit zu belohnen, dürfen sie am Ende des Jahres ein Wunschmenü kochen. Bastian will eine Pizza backen: „Dann kann jeder seine Ecke selbst belegen und wir können die Pizza dritteln.“ Die italienische Küche ist auch bei Alex beliebt. Er wählt „ganz klassisch: Spaghetti mit Tomatensoße.“ Nina Goldmann hofft auf die gesunde Variante: „Vielleicht bringe ich sie dazu, Vollkornteig und Vollkornnudeln zu nehmen.“

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