Augsburg – Sie half einer Freundin bei einem Diebstahl von mehr als 400 Goldmünzen im Wert von 415 000 Euro. Deswegen saß eine 75-Jährige nun auf der Anklagebank des Amtsgerichts Augsburg.
Die Frau hatte kostbare Sammlermünzen aus der Wohnung eines Rentners geholt, als der im Krankenhaus lag. Dafür wurde sie gestern zu einer Bewährungsstrafe von eineinhalb Jahren verurteilt, während die mutmaßliche Haupttäterin – die 81 Jahre alte Schwester des Münzsammlers – ohne Strafe davonkommen wird.
Die Staatsanwältin und die Vorsitzende Richterin bemühten sich, die allseits als kurios empfundene Situation den Zuschauern des Verfahrens klarzumachen. Denn bei Diebstählen innerhalb der Familie sieht das Gesetz vor, dass diese nur mit Zustimmung des Bestohlenen verfolgt werden können. Der inzwischen verstorbene Mann hatte zunächst beide Täterinnen angezeigt, sich dann aber mit beiden ausgesöhnt und die Strafanträge zurückgezogen. Die Staatsanwaltschaft musste dann die schon bei Gericht liegende Anklage gegen die Schwester zurückziehen. Übrig blieb der Vorwurf gegen die 75-Jährige. Sie ist zwar eine langjährige Freundin der Familie, aber hat keinen Verwandtenschutz.
Die beiden Frauen waren vor zwei Jahren in die Wohnung des Bruders in Augsburg gegangen, die Schwester hatte einen Schlüssel und wusste von dem Holzkästchen mit dem Goldschatz. Angeblich wollten die Freundinnen die Patientenverfügung des damals 81 Jahre alten Mannes holen, der schwer erkrankt in der Klinik lag. Ein Nachbar hatte aber beobachtet, dass die Frauen „mit ausgebeulten Taschen“ das Haus verließen. Dadurch kam die Kripo später auf die Spur der Golddiebinnen, nachdem der 81-Jährige den Verlust bemerkt und angezeigt hatte. Bei einer Hausdurchsuchung fand die Polizei das Gold im Keller der 75-Jährigen, der Mann bekam alle 412 Münzen zurück.
„Ich habe keine Absicht gehabt, mich zu bereichern“, beteuerte die 75-Jährige gestern. Selbst die Staatsanwältin glaubte der früheren Lehrerin, dass die Angeklagte die Münzen nur für die Schwester aufbewahrt habe. Von dem enormen Wert der Münzen habe sie nicht gewusst, sagte ihre Verteidigerin. Vor Gericht räumte die Angeklagte alle Vorwürfe ein. lby