Freising – Fast 50 Jahre ist es her, dass ich in meinem Heimatdorf den Heiligen enttarnt habe, den bei uns die Dora – eine resolute Bäuerin – gemimt hatte. Nun sitze ich selber hier und nehme an der Nikolausschulung teil. Diesen Kurs hat die Jugendstelle des Erzbistums München-Freising angeboten. Und ich bin nicht der Einzige, der mit einem Nikolaus-Diplom nach Hause gehen möchte.
Erste Lektion: Der Weihnachtsmann ist kein Nikolaus
Gleich zu Beginn schärft uns der Landshuter Jugendseelsorger Andreas Steinhauser ein: Der Weihnachtsmann ist vor allem ein Resultat der Coca-Cola-Werbung – aber mit dem Nikolaus hat er nichts zu tun. „Wir sind Weihnachtsmann-freie Zone.“ Und der Nikolaus? Der war Bischof von Myra in Kleinasien, lebte etwa von 270 bis 365. Den Legenden nach soll er arme Mädchen mit Goldspenden vor einem schlimmen Schicksal bewahrt haben.
Zweite Lektion: Die Aufgabe vom Nikolaus
Der Nikolaus gilt als Kinderschreck, Erzieher, Wundertäter oder Geschenkebringer, erklärt uns Steinhauser. Er hat Schautafeln vorbereitet, um das zu veranschaulichen. Stefanie Penker, Religionspädagogin der Erzdiözese, korrigiert jedoch etwas, sie betont: „Der Nikolaus schenkt ohne Bedingungen.“
Dritte Lektion: Das Nikolausleben muss gut organisiert sein
Nimmt man einen Engel mit oder einen Krampus? Braucht man einen Chauffeur? Und woher bekommt man die Texte für das Nikolausbuch? Steinhauser, selbst seit Jahren praktizierender Nikolaus, rät: „Texte nicht reimen!“ Die Infos sollte man bei den Eltern einholen, gern auch digital. Steinhauser trägt als Nikolaus nicht alles vor, was ihm die Eltern berichten. „Ich würde nie ein Kind als Bettnässer vor der Familie demütigen.“ Viele Kinder haben Angst vorm Nikolaus, deshalb rät der Experte: „Fragen Sie, ob das Kind den Stab halten mag, das lockert die Situation auf. Und beugen Sie sich zu den Kindern hinab oder lassen Sie sich einen Stuhl geben. Dann müssen die Kinder nicht so steil nach oben sehen.“ Auch an Details will gedacht sein: Geschenke müssen beschriftet und gut einpackt werden. „Nichts ist schlimmer, als wenn man nicht mehr weiß, was für welches Kind gedacht ist“, betont Steinhauser. Ganz wichtig: „Geschenke erst am Schluss verteilen, sonst ist die Aufmerksamkeit weg!“
Vierte Lektion: Kleiderordnung
Ich mache mich an die Verwandlung. Ganz schön schwierig! In die in Standardgröße gefertigte Albe (das weiße Untergewand) kann ich gerade noch alleine schlüpfen. In den roten Rauchmantel, den man darüber anlegt, komme ich nur dank der Hilfe meiner Kollegen rein. Nun der Rauschebart. Puh! Ich muss mir mit den Fingern das Loch suchen. Und es wird schnell sehr warm.
Fünfte Lektion: Der Praxistest
Fünf Nikolausanwärter sitzen im Kreis, zwei sollen die Kinder spielen. Der erste Nikolaus-Kandidat versucht im Kostüm, die Kinder zu beschenken, eines ziert sich, es hat Angst. „Weil du so groß bist.“ Also kniet sich der Nikolaus runter und fragt: „Magst du den Stab halten?“ Es klappt. Der zweite Kandidat muss mit einem Papa kämpfen, der sich über Mama beschwert. „Die kocht allerweil nur vegetarisch.“ Ein pädagogisches Gespräch mit Erwachsenen steht an: „Kochen Sie halt abwechslungsreich, einmal mit, einmal ohne Fleisch“, versucht der Nikolaus zu vermitteln.
Endlich: Das Diplom
Der Test ist abgeschlossen, ich und sechs weitere Kandidaten bekommen das Nikolausdiplom überreicht. Der 20-jährige Matthias, Jugendbetreuer der Kolpingfamilie aus Markt Schwaben, freut sich. „Unser alter Nikolaus hat aufgehört, ich trete jetzt in seine Fußstapfen. Gut, dass ich hier war“, sagt er. Der 47-jährige Diplom-Nikolaus Stefan aus München hat schon in seiner Sanitärbaufirma an die 30 Kinder als Nikolaus beschenkt. „Wurde Zeit, dass ich das mal richtig lerne.“