München – Ein Bundesminister, der Personalchef der DB AG, mehrere Kamerateams, dazu Geschenke wie Rucksack, Trinkflasche und ein großer Blumenstrauß – nicht jeder Berufsanfänger wird so begrüßt. Es fehlte eigentlich nur noch eine zünftige Blaskapelle. Christina Hoiß, eine 26-jährige Einsteigerin bei der Bahn, nimmt es gelassen. Sie schnappt sich das Mikro und erzählt. Dass sie „schon immer was Technisches“ machen wollte; dass sie nach der Schule in Penzberg Bauingenieurwesen an der TU München studiert hat, erst Bachelor, dann Master; und dass sie eher zufällig beim Rumsurfen im Internet auf die Stellenanzeige der Bahn gestoßen ist. Beworben – genommen: Christina Hoiß ist seit 1. Dezember Mitglied „der Eisenbahnerfamilie“, wie es DB-Personalchef Martin Seiler ausdrückt. Nicht irgendeine, sondern die 23 000. Neueinstellung in diesem Jahr. Daher der Trubel.
Händeringend sucht der Konzern derzeit Personal. Immer mehr Züge sollen rollen, immer mehr Fahrgäste sollen einsteigen – da muss die Bahn den Jobmotor anschmeißen. 319 000 Mitarbeiter arbeiten derzeit bei der DB AG. Jährlich kommen 24 000 Neueinstellungen hinzu, abzüglich der Ruheständler bleiben effektiv 8000 neue Jobs. Die Bahn kann es sich trotz Milliardenschulden leisten. „Es war noch nie so viel Geld im System wie jetzt“, sagt Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU). Man könne nur jedem jungen Menschen raten, sich zu bewerben. Speziell in München und Oberbayern fehlen vor allem Lokführer, Fahrdienstleiter, Ingenieure und Personal für die Werkstätten, sagt Bayerns Bahn-Chef Klaus-Dieter Josel. Die Bahn lockt sie mit allerlei Zusatz-Boni, neuerdings auch wieder Werkswohnungen. Der Konjunkturdelle vor allem in der Autoindustrie kann Josel auch etwas Gutes abgewinnen. „Wir merken, dass sich die jungen Leute umorientieren und vermehrt zu uns kommen.“ Vor allem bei den Mechatronikern sei das der Fall.
Christina Hoiß hat nach einer Woche Arbeit schon ihr erstes Projekt: den Bau der Leitstelle in Mühldorf. In Zukunft soll sie aber auch Brücken planen – da gibt es hunderte marode Bauwerke in Bayern. Und falls die Arbeit hier ausgeht, will Christina Hoiß flexibel sein. „Grundsätzlich interessieren mich auch Tunnel“, sagt sie. DIRK WALTER