Die Gralshüter konservativer Schulpolitik

von Redaktion

Auch wenn es manches zu kritisieren gibt: Bayerns Schulsystem ist im Bundesvergleich nach wie vor vorne mit dabei. Das ist auch ein Verdienst der Arbeitsgemeinschaft Bayerischer Lehrerverbände – zumindest sieht das die ABL, die nun 40 Jahre alt geworden ist, selber so.

VON DIRK WALTER

München – Auf das differenzierte Schulwesen lassen sie nichts kommen, Gesamtschulpläne oder gar ein „Einheitslehrer“ für alle Schularten sind ihnen ein Graus – die ABL ist eine Art Gralshüter konservativer Bildungspolitik. Vor 40 Jahren gründeten der Bayerische Philologenverband, der Bayerische Realschullehrerverband, die Katholische Erziehergemeinschaft und der Verband der Lehrer an beruflichen Schulen in Bayern einen gemeinsamen Dachverband. Die leisten traditionell Schützenhilfe für die bayerische Schulpolitik, können aber auch äußerst unangenehme Verhandler sein, wenn es um Besitzstandswahrung und Themen wie Lehrereinstellungen oder Beförderungsstellen geht.

Nicht dabei in der ABL sind GEW und der mitgliederstärkste Lehrerverband BLLV, deren Bildungspolitik von den ABL-Positionen etwa bei der Lehrerausbildung abweicht. Der Verbandsvorsitz rotiert, derzeit hat ihn der Realschullehrerchef Jürgen Böhm inne.

Dieser zog gleich kräftig gegen allerlei „Reförmchen“ vom Leder, die in einigen Bundesländern (nicht Bayern) zu einem „erheblichen Leistungsabfall“ geführt hätte. Vor allem gebe es in Bayern keine „ideologisch motivierte“ Zusammenlegung von Schularten, meinte Böhm.

Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, nannte „Gelingensfaktoren“ der bayerischen Schulpolitik, etwa die „beeindruckende Kontinuität“. Anders als in anderen Bundesländern gab es – abgesehen vom G8 – keine Regierungswechsel, nach denen Schulsysteme umgestürzt oder gerade begonnene Reformen brutal abgewürgt worden wären.

Das Negativbeispiel sei Baden-Württemberg, das unter der früheren grün-roten Landesregierung die verpflichtende Grundschulempfehlung abgeschafft habe und bei den jüngsten Schüler-Leistungstest einen „Absturz“ erlebt habe. Bayern habe zudem ein hohes Unterrichtsvolumen und sehe selbst beim Lehrermangel noch relativ gut aus. Kein Vergleich etwa mit Berlin. Bei der Schilderung von Zuständen an dortigen Schulen überboten sich die Verbandsvorsitzenden mit Horrorerzählungen. Zwei Drittel der neuen Grundschullehrer, so wusste Meidinger, hätten in Berlin „abgesehen von einem Crashkurs“ keine pädagogische Ausbildung. Böhm berichtete, das Niveau des Mittleren Bildungsabschlusses an Berliner Schulen entspreche dem einer bayerischen Realschule – 7. Jahrgangsstufe!

Auch wenn bei all dem Lobpreis unausgesprochen viele Girlanden für die früheren Kultusminister der CSU gewunden wurden – Ausnahme das missglückte G8 –, so ist die ABL auch mit dem derzeitigen Schulminister Michael Piazolo (Freie Wähler) sehr zufrieden. Piazolo stehe für Kontinuität und habe „keine hektischen Reformen“ angestoßen. „Wir haben da keinen Bruch festgestellt“, sagte Philologenchef Michael Schwägerl.

Meidinger schränkte das Lob etwas ein: Die Bewährungsprobe komme erst – dann nämlich, wenn die Finanzlage problematisch werde. „Dann wird sich zeigen, was für ein Standing er hat.“ Auch habe Piazolo in der Kultusministerkonferenz einen schweren Stand – traditionell verhandeln dort A-Länder (SPD-nah) und B-Länder (Unions-nah) zunächst getrennt, Piazolo ist aber weder A noch B und bleibe in diesen Kungelrunden außen vor. Dadurch gebe es manche Informationsverluste, meinte Meidinger.

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