Karlsruhe/Brunnthal – Internet-Bewertungen können über den Erfolg von Unternehmen mitentscheiden. An welche Regeln muss sich ein Bewertungsportal wie Yelp dabei halten? Eine Unternehmerin, die Fitnessstudios im Raum München betreibt, fühlte sich unfair behandelt, weil viele positive Bewertungen für die Gesamtnote unberücksichtigt blieben – und verlor in letzter Instanz vor dem Bundesgerichtshof. Yelp darf demnach seine in Sternen ausgedrückte Gesamtbewertung von Unternehmen auf eine automatisierte Auswahl stützen. Der VI. Zivilsenat hob gestern ein anderslautendes Urteil des Oberlandesgerichts München auf.
Die Einstufung von Bewertungen in „empfohlen“ und „nicht empfohlen“ durch Yelp sei durch die Berufs- und Meinungsfreiheit geschützt. „Ein Gewerbetreibender muss Kritik an seinen Leistungen und die öffentliche Erörterung geäußerter Kritik grundsätzlich hinnehmen“, sagte der Vorsitzende Richter Stephan Seiters.
Klägerin Renate Holland zeigte sich nach dem Urteil enttäuscht. „Ich bin schon ein bisschen traurig darüber“, sagte sie. „Man hätte endlich mal ein bisschen Klarheit schaffen können, aber jetzt geht es leider weiter so.“ Die 67 Jahre alte frühere Weltmeisterin im Bodybuilding hatte zur Verhandlung im vergangenen November berichtet, dass ihre Studios unter den Yelp-Bewertungen litten.
Yelp-Anwalt Stephan Zimprich betonte nach dem Urteil, es sei im Interesse der Nutzer, dass nur solche Bewertungen für die Gesamtnote berücksichtigt werden, die als vertrauenswürdig und relevant eingeordnet werden. Die Empfehlungssoftware diene auch dazu, möglicherweise manipulierte und beeinflusste Bewertungen nicht in die Gesamtbewertung einfließen zu lassen.
Im Durchschnitt werden laut Yelp etwa drei Viertel aller Beiträge als empfohlen eingestuft. Bei Holland erhielt eines ihrer Studios im Februar 2014 auf Grundlage von nur zwei Bewertungen 2,5 Sterne. 74 überwiegend sehr positive Beiträge bleiben unberücksichtigt. Auch Beiträge, die Yelp nicht empfiehlt, können gelesen werden. Dazu muss der Nutzer aber auf der Seite nach unten scrollen und einen Link anklicken. Normalerweise hätte sie 4 bis 4,5 Sterne in jedem Studio, sagte Holland.
Vor dem Oberlandesgericht (OLG) München hatte Holland noch Erfolg: Durch das Aussortieren vieler Bewertungen entstehe ein verzerrtes Gesamtbild. Die BGH-Richter argumentierten dagegen, der „unvoreingenommene und verständige Nutzer“ erkenne, wie viele Beiträge es zu einem Unternehmen gebe und dass die Grundlage für die Gesamtbewertung nur die von Yelp empfohlenen Beiträge seien.
Ein Gutes hat der langwierige Rechtsstreit aus Hollands Sicht dennoch: „Vielleicht ist der User dadurch, dass es durch die Presse ging, sensibilisiert. Vielleicht schauen sich die Leute, wenn sie auf den ersten Blick nur schlechte Bewertungen sehen, auch den Rest an.“ Sie habe sich natürlich einen anderen Ausgang gewünscht – auch im Sinne der Bewerter. „Deren Meinungen und deren Bewertungen werden ja beschnitten“, sagte Holland. „Aber das ist jetzt das Ende – leider.“