Der Absturz bei Faistenhaar

von Redaktion

Ein Archivar will das Schicksal amerikanischer Flieger klären

Am 19. Juli 1944 erlebte München wieder einen schweren Luftangriff, den vierten im Juli. Eine riesige Bomberflotte, insgesamt wohl 1500 Maschinen, griff den Norden Münchens an, zerstörte Anlagen von BMW in Allach, aber auch Teile des Ostbahnhofs und Gebäude in der Innenstadt. Allein dieser Angriff forderte 180 Tote und 130 Verletzte. Und das war nur einer von über 70 Angriffen, die die Stadt aushalten musste – bis Ende des Krieges starben über 6000 Münchner.

Zu einem dieser Angriffe startete am Morgen des 19. Juli vom Stützpunkt Spinazzola in Italien auch eine B-24 Liberator mit elf Besatzungsmitgliedern an Bord. Inmitten eines großen Bombergeschwaders flog sie über Ergoldsbach und Schrobenhausen nach Bayern und schwenkte dann nach Süden, um den Norden Münchens zu bombardieren. Doch Pilot Wilmot K. Larr hatte Pech – seine Maschine erhielt mehrere Treffer durch die deutsche Flak. Die Maschine kam ins Trudeln und stürzte schließlich ab.

Der Gemeindearchivar von Brunnthal, Norbert Loy, hat den Absturz mit Hilfe eines Zeitzeugen recherchiert. Der Zeuge, damals ein kleiner Bub, konnte beobachten, wie die brennende Maschine gegen 11.45 Uhr auf einem Feld zwischen Hofolding und Faistenhaar niederging. Den Absturz bekam damals auch der Ortspfarrer mit. Er berichtete: „Heute stürzte ein amerikanischer Bomber bei uns ab. Glücklicherweise schleppte er sich gerade noch über Hofolding hinüber, löste an der neuen Straße noch eine Sprengbombe aus, stürzte nieder ins Ackerfeld (…). Noch lange knatterte die brennende Munition.“

Dass es tatsächlich so war, stellte sich 2018 heraus: Damals begab sich Loy mit einer Sonde auf Spurensuche auf dem Feld. Er zog mit Einverständnis des damaligen Besitzers, eines Landwirts, drei Kisten voller Munitionsreste und Wrackteile aus dem Acker. Mittlerweile ist das Gelände von einer Busfirma überbaut worden.

Die Geschichte lässt Loy aber nicht ruhen. Er hat die Namen der elf Besatzungsmitglieder herausbekommen. Pilot Wilmot K. Larr und der Bordfunker Arthur J. Bolduc so berichtete der Ortspfarrer damals, konnten nur noch tot aus dem Wrack geborgen werden. Sie wurden in Faistenhaar bestattet.

Die anderen neun Besatzungsmitglieder konnten sich mit Fallschirmen retten und drifteten bis zur Landung etwas auseinander. Einige gerieten südlich von Höhenkirchen in Gefangenschaft, andere bei Deisenhofen, einer auch bei Dürrnhaar. Über die Historikerin Susanne Meinl erhielt Loy ein Schreiben, das einer der überlebenden Flieger im Juli 1945 an die Ehefrau des verunglückten Piloten verfasste. Daraus geht hervor, dass ein weiteres Besatzungsmitglied, Co-Pilot Alfred („Al“) Kuzynski, mittlerweile in einem Krankenhaus gestorben war. Von den acht übrigen Soldaten fehlt jede Spur. Ihre Namen: James F. Armer, Otto Caudell Jr., Charles W. Ramsey, Clemence H. Hill, Marvin H. Hickmann, Williams J. Flanagan, Thomas L. Busby und Clifford D. Holland. Haben sie überlebt? Gingen sie zurück in die USA? Loys Forscherehrgeiz ist geweckt. Er würde gerne mehr wissen und ist für jeden Hinweis dankbar (der Kontakt ist: Norbert.Loy@brunnthal.bayern.de oder 0175/56 55 554).

DIRK WALTER

Literaturtipp

Zum Kriegsende ist ein neues Münchner Merkur Magazin erschienen. Es kostet 7,90 Euro, für Abonnenten 5,90 Euro. Erhältlich an den OVB-Geschäftsstellen und an Bahnhofskiosken.

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