„Wir erhalten unsere Tradition“

von Redaktion

MEIN DORF Elisabeth Winkler-Rottensteiner kommt aus Kreuth

Jede Woche beantwortet ein Oberbayer Fragen rund um seine Heimat. Elisabeth Winkler-Rottensteiner, 56, ist in Kreuth am Tegernsee geboren und aufgewachsen. Heute führt sie dort in vierter Generation eine Herrenschneiderei. Sie ist mit einem Südtiroler verheiratet, ihrem Dorf aber immer treu geblieben.

Wo gefällt es Ihnen in Kreuth am besten?

In den Weißachauen. Das ist ein Flusslauf im Naturschutzgebiet. Allerdings weiß ich gar nicht, ob ich das sagen sollte. Man muss vorsichtig sein, dass es nicht noch weiter verbreitet wird und noch mehr Menschen kommen.

Wollen Sie die Ruhe in Ihrem Dorf bewahren?

Ja. Die anderen Gemeinden im Tegernseer Tal belächeln uns zwar, weil es hier so ruhig ist. Aber genau das ist das Schöne an Kreuth. Wir leben nicht hinterm Mond, aber unser Dorf hat seinen Charakter bewahrt. Es gibt noch Bäcker, Kiosk mit Poststelle, Feinkostladen, Grundschule und Kindergarten. Das ist auch wichtig für die älteren Menschen. Sie finden alles hier im Dorf, was sie brauchen.

Wie wichtig ist Ihnen Tradition?

Meine Kinder sind im Trachtenverein, ich engagiere mich in der Kirche und organisiere das Adventssingen mit. Die Moderne läuft nicht an uns vorbei, aber wir erhalten unsere Tradition.

Auch beruflich…

Stimmt. Wir betreiben eine Schneiderei in der vierten Generation. Mein Urgroßvater hat sie 1903 gegründet, heute arbeiten meine Tochter und mein Sohn als Schneidermeister bei uns. Es ist schön, das eigene Handwerk weitergeben zu können. Unsere Kunden kommen aus der ganzen Welt, aber wir leben alle auf einem Grundstück. Meine Eltern, meine Kinder – es sind alle da und alle arbeiten gemeinsam.

Wollten Ihre Kinder nie weg aus Kreuth?

Sie waren weg. Beide haben in London gearbeitet. Meine Tochter arbeitet heute auch an der Oper in Paris als Herrenschneiderin und hat einen französischen Freund. Aber sie kommen beide immer wieder zurück nach Kreuth. Sogar der Freund meiner Tochter ist von unserem Ort begeistert.

Wie war es bei Ihnen?

Auch ich war weg, bin aber immer zurückgekommen. Ich bin mit einem Südtiroler verheiratet und habe sieben Jahre in Südtirol gelebt. Wegen der Schneiderei bin ich aber immer eine Woche im Monat in die Heimat gefahren. Ich habe den Kontakt also immer gehalten.

Was ist so besonders an Kreuth?

Wir sind der Fläche nach die zweitgrößte Gemeinde Bayerns. Es gibt 17 Ortsteile und viel, viel schöne Natur. Seit 2018 trägt Kreuth außerdem den Titel „Bergsteigerdorf“. Dadurch setzen wir noch mehr auf sanften Tourismus. Große Hotels gibt es hier nicht. Dadurch bleibt Kreuth Kreuth.

Interview: Christian Masengarb

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