München – Es ist voll im Sitzungssaal, als Tagesordnungs punkt 18 aufgerufen wird. Für gewöhnlich wird im Petitionsausschuss des Landtags über Einzelschicksale diskutiert. An diesem Mittwoch geht es allerdings um ein Thema, das Ehrenamtlichen überall in Bayern Sorgen bereitet. Seit Jahren.
Das Asyl-Bündnis „Unser Veto Bayern“ hatte im Sommer in Fußgängerzonen, auf Marktplätzen und bei Volksfesten über 9000 Unterschriften gesammelt. Die Helfer fordern in ihrer Petition, dass alle Asylbewerber in Bayern arbeiten dürfen – unabhängig davon, wie ihr Asylverfahren ausgeht. Außerdem fordern sie, dass Praktika und kleinere Jobs bei Wohltätigkeitsverbänden künftig auch ohne Genehmigungen der Ausländerbehörden möglich sind. Selbst dabei habe es immer wieder Verbote gegeben.
Seit die Asylhelfer im Oktober ihre Unterschriftenlisten im Landtag abgaben, hat das bayerische Innenministerium eine neue Weisung an die Ausländerbehörden, die die Arbeitserlaubnisse erteilen, versandt. Demnach seien die Erlaubnisse mit einigen rechtlichen Ausnahmen (zum Beispiel Straffälligkeit oder vollziehbare Ausreisepflicht) zu erteilen, wenn sich der betroffene Asylbewerber bereits seit neun Monaten in Deutschland aufhält. Seitdem habe sie aus einigen Helferkreisen erfahren, dass es tatsächlich wieder einfach ist, eine Arbeitsgenehmigung zu bekommen, berichtet Maria Brand. Die 73-jährige Erdingerin ist seit knapp drei Jahrzehnten Asylhelferin. „Bei uns in Erding ist von dieser neuen Weisung aber nichts zu spüren“, berichtet sie. Genau das sei auch eines der Probleme: die großen Unterschiede von Landkreis zu Landkreis – je nachdem, wie die Weisung ausgelegt werde.
Brand und die andere Ehrenamtlichen hofften nicht nur, dass ihre Petition für mehr Gerechtigkeit sorgen würde. „Wir möchten die Politik damit auch auf die Probleme vor Ort aufmerksam machen“, sagt sie. Die Asylentscheidungen würden nun zwar deutlich schneller getroffen, doch trotzdem würden in den Unterkünften Flüchtlinge oft monate- oder jahrelang leben, weil sie nicht abgeschoben werden könnten. „Der Frust ist riesengroß, deshalb kommt es immer wieder zu Konflikten. Es würde die Situation deutlich entschärfen, wenn die Menschen wenigstens arbeiten dürften, bis sie in ihre Heimat zurück können. Dann würden sie dort nicht als Verlierer ankommen“, sagt Brand. Doch die Politik fürchte, dass dieses Recht auf Arbeit trotz abgelehntem Asylbescheid die Armutsmigration verstärken könnte. Die Staatsregierung hatte mit einer sehr ausführlichen 19-seitigen Erklärung auf die Petition der Asylhelfer reagiert. Darin verweist sie darauf, dass über viele der Regelungen nicht in Bayern, sondern in Berlin entschieden werde. „Das betrifft allerdings nicht die Entscheidungen der Behörden, die sich in dem Ermessensspielraum bewegen“, betont Alexandra Hiersemann (SPD). Und diesen Spielraum habe das bayerische Innenministerium sehr eingeengt. Sie kämpfte gestern im Ausschuss jedoch vergeblich für die in der Petition formulierten Anliegen. Gegen die Stimmen von SPD und Grünen entschied der Ausschuss, dass die Petition durch die überarbeitete Weisung an die Ausländerbehörden bereits hinfällig sei.
Maria Brand und die anderen Ehrenamtlichen verließen den Sitzungssaal wenig überrascht. Sie hätten damit gerechnet, sagt die 73-Jährige. Nun bleibe ihnen nur, zu hoffen, dass sich die neue Weisung bald in allen bayerischen Landkreisen bemerkbar mache, sagt sie. KATRIN WOITSCH