München – Orkan „Sabine“ hat sich über Nacht nach Bayern vorgearbeitet – und wird heute und morgen einiges durcheinanderwirbeln. Die Meteorologen erwarten Spitzengeschwindigkeiten von 110 bis 130 km/h. Das ist zwar nur geringfügig mehr als bei dem Sturm, der vor einer Woche durch den Freistaat gefegt ist. „Aber genau diese zusätzlichen zehn bis 20 km/h sind kritisch“, sagt Martin Schwienbacher vom Deutschen Wetterdienst. Denn bei Windgeschwindigkeiten ab 120 km/h wird aus einem Sturm ein Orkan. „Das sind Windböen, denen viele Bäume nicht mehr standhalten.“ In den höchsten Gipfellagen könnte „Sabine“ sogar mit 180 km/h unterwegs sein, kündigt der DWD-Meteorologe an.
Der Sturm, der gestern bereits den Norden Deutschlands erreicht hatte, baut auf seinem Weg Richtung Süden noch Kraft auf. In Bayern kommt der sogenannte Leitplankeneffekt dazu, für den die Alpen verantwortlich sind. Die Luft wird zwischen der herankommenden Kaltfront und den Bergen quasi eingequetscht, dadurch verstärkt sich der Wind weiter, erklärt der DWD.
Im Laufe des heutigen Tages wird „Sabine“ in Bayern ihre Spitzenwerte erreichen. Auf der Internetseite www.wetteronline.de sind die erwarteten Windgeschwindigkeiten lokal aufgelistet. So werden etwa in München um 6 Uhr früh Windböen von 70 km/h erwartet, um 11 Uhr sind es bereits 110 km/h und um 12 Uhr erreicht „Sabine“ in der Landeshauptstadt mit 125 km/h ihren Spitzenwert, bis abends kommt es immer wieder zu Sturmböen mit über 100 km/h.
Orkane dieser Größenordnung kommen in Bayern nicht jährlich vor, betont Meteorologe Schwienbacher. „Sabine könnte an die Orkane Niklas 2015 oder Kyrill 2007 herankommen“, sagt er. Die Warnungen vorab seien deshalb berechtigt, betont er. „Es könnte im Straßenverkehr durch umgestürzte Bäume zu gefährlichen Situationen kommen, auch Wahlplakate könnten von dem Sturm mitgerissen werden und über die Straßen fliegen.“
Bereits gestern spürten die Meteorologen in der Zentrale in München, dass Orkan „Sabine“ in Bayern gerade Gesprächsthema Nummer eins ist. „Die Telefone haben bei uns deutlich häufiger geklingelt“, berichtet Schwienbacher. Nicht nur etliche Bürger hätten sich erkundigt, was auf Bayern zukommt, auch einige Behörden baten um eine Einschätzung.
Einsatzkräfte in Alarmbereitschaft
Die Rettungskräfte in Nordbayern bereiteten sich für die Nacht und Montagmorgen auf Einsätze vor. Ein Sprecher der Integrierten Leitstelle Hochfranken sagte, es werde zwar kein Jahrhundertsturm erwartet. „Aber wir sind vorbereitet auf ein ernstes Sturmereignis.“ Problematisch könne werden, dass es der erste Sturm des Winters sei und morsche Bäume besonders schnell umknicken könnten. In allen acht bayerischen Leitstellen gelte erhöhte Alarmbereitschaft, sagte ein Sprecher des Bayerischen Roten Kreuzes. Die Einsatzkräfte verfolgen die Wetterentwicklung über den Radar. Auch die Feuerwehren und das THW sind auf etliche Einsätze eingestellt.
Ausfälle im Verkehr
Schon gestern hatte der Orkan Auswirkungen auf den Verkehr. Am Flughafen München waren am Sonntag bereits 131 Starts und Landungen ausgefallen – es handelte sich vor allem um Flüge, die in Richtung Norden geplant waren. Da ab einer bestimmten Windgeschwindigkeit Arbeiten auf dem Flugfeld eingestellt werden müssen, könnte der Betrieb dort durch den Sturm heute zeitweise zum Erliegen kommen. 424 der rund 1000 geplanten Flüge wurden schon bis gestern Abend annulliert. Auch in Nürnberg wurden einzelne Flüge gestrichen.
Die DB Regio Bahn kündigte an, dass heute voraussichtlich bis mindestens acht Uhr kein Zugverkehr möglich sein wird. Während des gesamten Tages ist mit Beeinträchtigungen zu rechnen. Für die S-Bahn ist geplant, den Verkehr regulär aufzunehmen. Lediglich die S-Bahnen des 10-Minuten-Takts der S 2 (Richtung Dachau), S 3 (Maisach/Deisenhofen) und S 8 (Germering-Unterpfaffenhofen/Weßling) müssen am Vormittag entfallen.
Die Bayerische Oberlandbahn (BOB) plant, auf allen Strecken von Meridian, BOB und Bayerischer Regionalbahn erst ab acht Uhr den Betrieb aufzunehmen und dann im Stundentakt zu fahren.
Unterrichtsausfälle
In ganz Oberbayern fällt wegen des Orkans heute der Unterricht aus. Eine Kinderbetreuung sei an den Schulen jedoch sichergestellt, meldeten die Behörden. Auch in den anderen Regionen Bayerns sagten etliche Schulverwaltungen den Unterricht ab.