„Die Kirche soll ein Zuhause sein“

von Redaktion

VON BEATRICE OSSBERGER

München – Die bayerische Landeshauptstadt ist für Christian Kopp vertrautes Terrain. Er hat hier schon einmal gelebt, damals während seines Theologie-Studiums Mitte der 1980er-Jahre. Nach vielen weiteren Stationen, zuletzt in Nürnberg, kehrt der 55-Jährige jetzt als neuer evangelischer Regionalbischof von München und Oberbayern zurück und erlebte, was viele erleben, die es beruflich nach München verschlägt: Er fand keine Wohnung. „Unfassbar“ sei das, was sich auf dem Münchner Wohnungsmarkt abspiele, sagt er. „Was da für Preise verlangt werden, verschlägt einem die Sprache.“

Am 1. Dezember hat Christian Kopp seinen Dienst als Nachfolger der Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler angetreten. Gestern wurde er von Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm mit einem festlichen Gottesdienst in der Münchner St. Lukaskirche offiziell in sein Amt eingeführt – und kam in seiner Antrittspredigt auf das Thema Wohnen zurück. „Das Menschenrecht auf Wohnen ist das zentrale soziale Thema der 2020er-Jahre“, sagte er und forderte mehr sozialen Wohnungsbau, vor allem in den Ballungsräumen. Für dieses Ziel müssten Land, Bund, Privatbesitzer und Kirchen zusammenwirken.

Kopp stammt gebürtig aus Regensburg, aufgewachsen ist er in Garmisch-Partenkirchen. Seit September 2013 war er Dekan im Dekanatsbezirk Nürnberg-Süd. Er ist mit einer Pfarrerin verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. In seinem neuen Amt als Regionalbischof ist er nun für 150 Kirchengemeinden und rund 500 000 evangelische Christen zuständig. „Ich sehe mich in meiner neuen Aufgabe vor allem als einen Helfer, der die Menschen in der Gemeinde bei ihrer Aufgabe begleitet und unterstützt“, sagt er.

Die soziale Arbeit der Kirche liegt ihm dabei besonders am Herzen. „Wir leben in keinen einfachen Zeiten. Globalisierung und Digitalisierung führt bei vielen Menschen zu Unsicherheit und Einsamkeit.“ Hier mache es sich die Kirche zur Aufgabe, den Menschen ein Zuhause zu sein und Zeichen gegen die Vereinsamung zu setzen. „Wir haben schon viele Foren vor Ort, aber wir brauchen noch mehr“, sagt er. Was Kirchengemeinden bieten könnten, seien echte menschliche Begegnungen. „Bei uns können die Menschen so sein, wie sie sind.“

Besonders freut er sich deshalb auf die erste Vesperkirche Oberbayerns, die im März 2021 in der evangelischen Auferstehungskirche Neufahrn (Landkreis Freising) geplant ist. Zwei Wochen wird die Kirche dann zum Restaurant, es gibt ein Drei-Gänge-Menü für einen symbolischen Euro. Das Wichtigste dabei ist: „Hier kommen Menschen miteinander ins Gespräch, die sich sonst nicht begegnen würden“, sagt Kopp. „Der Obdachlose redet mit dem Manager, der Teenager mit dem Rentner. Das ist wunderbar.“

Die Kirche als Begegnungsstätte – solche Projekte begeistern Kopp. Sie sind für ihn auch gerade in Zeiten des steten Mitgliederschwunds ein wichtiges Angebot, um in der Gesellschaft und den Köpfen der Menschen präsent zu sein. „Wir zeigen damit: Wir sind für euch da“, sagt er.

Zurzeit lebt Kopp in München in einem kleinen Apartment, aber nach langer Suche hat er dann doch eine Wohnung gefunden. Im April können er und seine Frau einziehen. „Gott sei Dank“, sagt er.

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