München – Als Andreas Heiß, Kreisbrandrat aus Ebersberg, vor ein paar Wochen die Post öffnete, wusste er, dass er viele Feuerwehrkameraden enttäuschen muss. 299 Plätze für Fortbildungen an Feuerwehrschulen hatten die Wehren im Kreis Ebersberg für 2020 als Bedarf gemeldet – 105 Plätze wurden zugeteilt. Seinem Kollegen aus Fürstenfeldbruck, Kreisbrandrat Hubert Stefan, ging es ähnlich: 409 Fortbildungen wurden beantragt – 134 zugeteilt. „Es ist ein bayernweites Problem, dass man nicht die benötigten Plätze bekommt“, sagt Heiß. Stefan gibt ihm Recht: „Ich bin seit 2004 Kreisbrandrat“, berichtet er, „und seitdem sind es zu wenig Plätze.“
In Bayern gibt es staatliche Feuerwehrschulen in Geretsried (Kreis Bad Tölz-Wolfratshausen), Regensburg und Würzburg. Ausgebildet werden dort Feuerwehrler, die eine Führungsrolle übernehmen oder sich weiterbilden möchten. Am Donnerstag fand im Landtag eine Aktuelle Stunde über die Zukunft der Feuerwehren statt (wir berichteten). Die fehlenden Kapazitäten bei den Feuerwehrschulen waren ein Aspekt, der von vielen Abgeordneten angesprochen wurde.
Die Schulen haben laut dem Innenministerium 15 000 Kursplätze. Bei der jährlichen Abfrage haben die Feuerwehren aber Interesse an rund 32 000 Plätzen angemeldet. „Der höchste Bedarf wird bei den Lehrgängen gemeldet, die für bestimmte Funktionen bei der Feuerwehr notwendig sind“, sagt Martin Scholtysik, Sprecher des Innenministeriums. Das sind zum Beispiel Gruppen-, Zug- und Verbandsführerkurse. „Wer einen solchen Kernlehrgang belegen will, kommt in der Regel zeitnah zum Zug“, betont Scholtysik.
Kreisbrandrat Heiß musste aber auch hier Ehrenamtliche enttäuschen: Für 2020 hatte er um 36 Plätze für Gruppenführerlehrgänge gebeten – nur 21 wurden genehmigt. „Wir entscheiden nach Prioritäten“, sagt er. Bei bereits gewählten Kommandanten zum Beispiel sei die Dringlichkeit sehr hoch.
Die große Nachfrage an Fortbildungen habe auch gesellschaftliche Gründe, so Martin Scholtysik: „Führungsfunktionen werden oft nur für eine Periode übernommen und müssen dann mit neuen Kräften besetzt werden“, erklärt er. „Die Fluktuation ist größer“, bestätigt Alfred Schmeide. Als Kreisbrandrat von Bad Tölz kennt er das Problem der fehlenden Seminarplätze. Zugleich hat er als Lehrgangsleiter an der Feuerwehrschule in Geretsried Einblick in die Sorgen der Teilnehmer. Für ihn sei es kein Problem, Ehrenamt und Beruf zu vereinen. „Aber viele andere haben keinen so verständnisvollen Arbeitgeber“, sagt er. Wenn dann eine Familiengründung käme, würden viele das Führungsamt wieder abgeben. Zumal die Arbeit immer mehr werde: „Bei der Verwaltungsarbeit bräuchten wir dringend Erleichterungen“, fordert er.
Doch nicht nur für Führungsaufgaben, auch für Spezialisierungen sind die Lehrgänge an den Schulen wichtig. „Man muss Schritt halten mit der technischen Entwicklung“, erklärt Hubert Stefan. Damit möglichst viele Feuerwehrler sich fortbilden könnnen, organisieren viele Landkreise zusätzlich eigene Kurse. „Wir machen zum Beispiel Jugendwart-, Atemschutz- und Maschinistenkurse“, berichtet Hubert Stefan.
„Die Ausbildungen vor Ort und in den Feuerwehrschulen müssen sich zusammenfügen“, sagt Johann Eitzenberger, Vorsitzender des Landesfeuerwehrverbands Bayern. „Dramatisch“ sei die Situation nicht, die Feuerwehren seien leistungsfähig, betont er. „Aber dass es Engpässe und Handlungsbedarf gibt, wissen alle Beteiligten.“
Der Freistaat hat einen Masterplan erarbeitet, wie die Feuerwehrschulen bis 2028 erweitert werden können, heißt es vom Innenministerium. In Würzburg wurde 2017 eine neue Übungshalle eingeweiht und außerdem entsteht eine neue Fahrzeughalle mit einer darüberliegenden Unterkunft mit 52 Zimmern. Auch in Geretsried wird eine Unterkunft für 80 Teilnehmer gebaut. Zudem werden die Außenübungsgebäude in Würzburg und Regensburg ausgebaut. „Wir haben Baumaßnahmen in Höhe von 50 Millionen Euro am Laufen“, sagte Innenminister Herrmann im Landtag. Zudem seien von 2011 bis 2020 114 neue Stellen für die Feuerwehrschulen bewilligt worden. „Davon 70 für zusätzliche Lehrkräfte“, sagte er.
Warum das so wichtig ist? „Mit der Technik und der Ausbildung von gestern können wir die Gefahren von morgen nicht meistern“, betont Johann Eitzenberger.