München – Agnes Becker kann sich noch gut erinnern an den Januar des vergangenen Jahres. Als sie mit ihren Mitstreitern vor den Rathäusern stand und für das Bienen-Volksbegehren trommelte. 1,7 Millionen Unterschriften brachten die Initiatoren zusammen, es war das erfolgreichste Volksbegehren aller Zeiten in Bayern. Ein Jahr später sind die Initiatoren des Volksbegehrens wieder zusammengekommen – um eine Botschaft zu senden: „Wir sind noch da!“, sagt Becker.
Die Initiatoren wollen den Druck auf die Staatsregierung aufrechterhalten. Denn bislang sind sie mit der Umsetzung ihrer Forderungen nur zum Teil zufrieden. Der Vorsitzende des Landesbunds für Vogelschutz, Norbert Schäffer, attestierte der Staatsregierung in Zeugnis-Manier: „Trotz einiger Schwächen ist zu erkennen, dass der Schüler sich bemüht, den Anforderungen und Erwartungen gerecht zu werden.“ So schimpfen die Initiatoren etwa über die neue Streuobstverordnung (wir berichteten). Aber auch beim Ausbau der Bio-Landwirtschaft und konkreten Vorgaben zur Verwendung ökologischer Lebensmittel in staatlichen Kantinen sehen die Artenschützer noch Luft nach oben.
Um zu überwachen, ob die Staatsregierung auch alle Punkte aus dem Volksbegehren umsetzt, haben die Initiatoren nun einen externen Experten eingesetzt. Prof. Roman Lenz von der Hochschule Nürtingen (Baden-Württemberg) spricht von einer „Erfolgskontrolle“, die er mit seinen Mitarbeitern durchführen will. Eine erste Bilanz darüber, wie viele der 86 Maßnahmen die bayerische Staatsregierung bereits erfolgreich umgesetzt hat und wo es noch hapert, will er im Juli vorlegen. „Und wenn es sein muss, machen wir das zehn Jahre lang“, sagt Norbert Schäffer.
Aus der schwarz-orangen Koalition kam gestern ebenfalls eine erste Bilanz zum Volksbegehren – die, wie zu erwarten war, deutlich positiver ausfällt als das Fazit der Initiatoren. Umweltminister Thorsten Glauber (FW) spricht von einem „einzigartigen Erfolgsprojekt“, Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) von einer Blaupause, die bundesweit beispielhaft sei. Mit der Fortsetzung des Runden Tisches würden alle gesellschaftlichen Gruppen stärker eingebunden, verspricht Kaniber.
Das ist auch der Hauptkritikpunkt des Bauernverbands. Denn die Umsetzung des Volksbegehrens betrifft bislang vor allem die Landwirte. „Diese einseitige Ausrichtung liegt den Bauern immer noch schwer im Magen“, sagt Bauernverbandssprecher Markus Drexler. Sein Verband fordert, dass die Auswirkungen für die Praxis, wie etwa das Walzverbot ab dem 15. März, im Herbst evaluiert werden. Und dass der Landtag „gegebenenfalls Korrekturen auf den Weg bringt“.
Die Initiatoren des Artenschutz-Volksbegehrens denken derweil schon weiter – und schließen weitere Volksbegehren zu anderen Themen nicht aus. Man könne und wolle zwar nicht jährlich eine solche Initiative starten, betonten die beteiligten Organisationen gestern, schließlich habe das Bienen-Volksbegehren nach den Worten von Ludwig Hartmann (Grüne) mehr als 400 000 Euro gekostet. „Aber man muss eben Druck machen“, sagt Hartmann. „Von alleine kommt von Söder hier nichts.“
Und so schließt Hartmann auch weiterhin ein Volksbegehren gegen den Flächenfraß nicht aus. Voraussichtlich im April findet dazu im Landtag eine Expertenanhörung statt. Danach wolle er weitersehen. „Am liebsten wäre mir eine Initiative gemeinsam mit den Landwirten“, sagt Hartmann. Angesichts der bereits jetzt anhaltenden Bauern-Proteste muss das für die Staatsregierung wie eine Drohung klingen.
Kaniber spricht von Blaupause
Volksbegehren kostete 400 000 Euro