Der Toiletten-Plan fürs dritte Geschlecht

von Redaktion

Pullach – Es war eine laute Diskussion um’s stille Örtchen: Als vor knapp einem Jahr bekannt wurde, dass bei drei neuen bayerischen Grundschulen angedacht wird, eine eigene Toilette für das sogenannte dritte Geschlecht anzubieten, schlugen die Wellen hoch. „Überfällig“, „übertrieben“, „überflüssig“ urteilten viele über den möglichen Sonderlokus für diejenigen Grundschüler, die sich weder als Mädchen noch als Bub fühlen. Ein Jahr später zeigt sich: In keiner der drei betroffenen Kommunen im Landkreis München – Pullach, Taufkirchen und Garching – gibt es mittlerweile die umstrittene dritte Option, ebenso wenig in Eichenau im Landkreis Fürstenfeldbruck. Die Pläne sind entweder bisher kaum vorangekommen oder gleich ganz verworfen worden.

„Leider kann ich für Garching noch nichts Handfestes berichten“, sagte der Stadtsprecher. „Wir befinden uns noch vor dem Wettbewerb“. Ganz fallengelassen wurde die Idee in Taufkirchen. „In der neuen Grundschule Taufkirchen Am Wald wurde nach Beratungen der dringenden Empfehlung nachgekommen, keine gesonderte Toilette mit der Kennzeichnung ,divers‘ zu errichten“, berichtete Bürgermeister Ullrich Sander. In Eichenau steht der Gemeinderats-Beschluss vom vergangenen Jahr zwar. Wann genau und in welcher baulichen Form die Toiletten für das dritte Geschlecht an der Grund- und Mittelschule letztendlich umgesetzt werden, ist aber noch offen.

Lediglich in Pullach sind die Pläne inzwischen etwas weiter fortgeschritten: „Die Machbarkeitsstudie zur neuen Grundschule in Pullach ist mittlerweile fertig“, erklärte eine Gemeindesprecherin. Darin seien auch Toilettenanlagen für männlich, weiblich und divers geplant.

Die Idee für Pullach: Die diversen Kinder sollen nicht eine eigene Eingangstüre wählen, sondern gemeinsam mit den anderen Grundschülern in offen gestaltete Toilettenräume mit gemeinsamem Vorraum samt Waschbecken gehen. „Davon gehen dann Kabinen mit unterschiedlicher Ausstattung wie Pissoirs und Toilettenschüsseln ab sowie größere Kabinen für Kinder mit körperlichen Beeinträchtigungen“, erklärte die Gemeindesprecherin. „Pro Stockwerk kann es entweder einen WC-Raum geben, der sämtliche Ausstattungen enthält, oder verschiedene kleinere WC-Räume mit jeweils einer oder mehrerer der erwähnten Ausstattungen. So findet jedes Kind auf jedem Stockwerk eine individuell passende Toilettensituation vor.“ Bis zum Baubeginn wird es jedoch noch dauern, da der Gemeinderat noch über das Raumprogramm entscheiden und unter anderem der geplante Standort freigegeben werden muss.

Weitere Kommunen sind laut Bayerischem Kultusministerium bisher nicht auf die Idee aufgesprungen. „Nach wie vor sind uns keine Schulen, die bereits eine Schultoilette für das dritte Geschlecht anbieten, bekannt“, sagte eine Ministeriumssprecherin. Grundsätzlich mache das Kultusministerium diesbezüglich keine Vorgaben. Die kommunalen Körperschaften könnten selbst entscheiden, ob sie zusätzlich geschlechtsneutrale Toiletten bereitstellen möchten.

Für neue Schulen in München könnte eine weitere Toilette künftig durchaus eine Option sein. Das dortige Bildungsreferat hatte vor geraumer Zeit die „Arbeitsgemeinschaft dritte Option“ gebildet, die sich unter anderem mit der Frage befasst, wie Toiletten an Münchner Schulen künftig aussehen könnten. „Derzeit laufen die Abstimmungen zum Thema Toiletten für das dritte Geschlecht“, sagte eine Referatssprecherin. „Ein Baustandard bezüglich Toiletten für das dritte Geschlecht kann erst auf Grundlage des weiteren Abstimmungsprozesses festgelegt werden.“ ELENA KOENE

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