„Ich will lieber auf dem Land praktizieren“

von Redaktion

„Ärztin zu werden, ist mein Lebenstraum“, sagt Carina Paulus. Seit sechs Jahren versucht sie, einen Studienplatz für Medizin zu bekommen. Jetzt hofft die 25-Jährige auf die Landarztquote. Damit steht sie nicht allein. Zum Ende der Bewerbungsfrist hat sich die Zahl der Interessenten schlagartig erhöht.

VON BEATRICE OSSBERGER

München – Seit ihrer Schulzeit hat Carina Paulus ein Faible für alles Medizinische. Sie hat im Schulsanitätsdienst mitgearbeitet, später, nach dem Abitur, leistete sie beim Bayerischen Roten Kreuz ein soziales Jahr im Sanitätsdienst. „Die Arbeit, der Umgang mit Menschen und dass ich ihnen helfen kann, all das macht mir unglaublich großen Spaß und erfüllt mich mit großer Zufriedenheit“, sagt sie.

Am liebsten hätte die 25-Jährige aus Neubiberg (Landkreis München) sofort nach dem Abitur Medizin studiert. „Ich habe mich beworben“, sagt sie. „Aber ich wusste, dass ich mit meiner Abiturnote von 2,3 kaum Chancen habe.“ Der Numerus clausus (NC) für Medizin liegt in Bayern wie in den meisten anderen Bundesländern bei 1,0.

Seit sechs Jahren nun wartet Paulus auf einen Studienplatz. Zwischenzeitlich hat sie eine Ausbildung als Rettungssanitäterin abgeschlossen. „Aber ich habe meinen Traum, Ärztin zu werden, nie aufgegeben“, sagt sie. Jetzt hofft sie auf die Landarztquote.

Paulus ist eine von insgesamt 812 Interessenten, die sich auf einen der 110 Studienplätze im Rahmen der Landarztquote beworben haben. Die hohe Bewerberzahl übertrifft alle Erwartungen. Noch vor zwei Wochen waren gerade einmal 143 Bewerbungen eingegangen.

Mit der Quote will das bayerische Gesundheitsministerium mehr junge Menschen für die Tätigkeit als Arzt auf dem Land begeistern. Schon jetzt gibt es Regionen in Bayern, die unterversorgt sind. Jede Woche muss laut Ärzteverbänden eine Hausarztpraxis schließen, weil der Inhaber keine Nachfolger findet. In den kommenden drei bis fünf Jahren geht zudem ein Drittel der Hausärzte in den Ruhestand.

Um dem Ärztemangel auf dem Land zu lindern, hat das Gesundheitsministerium 2012 ein Förderprogramm für Haus- und Fachärzte auf dem Land aufgelegt. Die Landarztquote, die in Bayern erstmals ab dem diesjährigen Wintersemester gilt, soll nun zusätzlich für Nachwuchs sorgen.

Für diese Studienplätze ist kein NC erforderlich. Dafür verpflichten sich die Studenten nach ihrem Abschluss zehn Jahre auf dem Land in einem Bedarfsgebiet zu praktizieren.

Es ist eine lange Zeit, für die sich die Studenten festlegen. Zehn Jahre dauern Studium und Facharztausbildung, danach folgen die zehn Jahre als Landarzt. „Ich habe schon genau überlegt, ob ich mein Leben so weit in die Zukunft gestalten möchte“, sagt Anne Mommer. „Aber tatsächlich ist mir die Entscheidung leicht gefallen, da ich ohnehin als Ärztin lieber auf dem Land als in der Stadt praktizieren möchte.“

Mommer, 28 Jahre und aus Rosenheim, arbeitet in einer Münchner Klinik als Krankenpflegerin. Auch sie hat sich direkt nach dem Abitur um einen Medizinstudienplatz bemüht, doch auch bei ihr ist die Abiturnote mit 2,8 nicht gut genug für einen regulären Studienplatz. „Nach 14 Wartesemestern sehe ich in der Landarztquote meine letzte Chance, meinen Traum doch noch zu leben“, sagt sie.

Gerne geht die Rosenheimerin dafür auch aufs Land. „Das kommt mir entgegen“, sagt sie. „Das hektische Stadtleben ist auf Dauer ohnehin nichts für mich.“ Auch Carina Paulus ist sich sicher, dass sie auf dem Land glücklich wird. Privat ist sie oft in Niederbayern, hier könne sie sich gut vorstellen, eine Praxis zu eröffnen. „Das Leben ist nicht so anonym wie in der Stadt“, sagt sie. „Der Kontakt zu den Menschen ist enger, ich kenne meine Patienten besser und kann sie deshalb auch besser behandeln.“

Die Bewerbungsfrist für die Landarztquote ist am Freitag abgelaufen. Bei der Auswahl zählen jetzt Studieneignungstests, eine Ausbildung in einem Gesundheitsberuf und entsprechende ehrenamtliche Tätigkeiten. „Diese Kriterien werden anhand einer Punkteskala bewertet“, sagte eine Sprecherin des bayerische Gesundheitsministeriums. Die Bewerber mit den meisten Punkten werden im Mai zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen. Anfang August bekommen die Studenten Bescheid, ob sie über die Landarztquote studieren können.

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