München – Die Postkarte ist weiß und unscheinbar. Rechts steht die Adresse von Kultusminister Michael Piazolo. Auf der linken Seite steht in Handschrift „Ich schaffe es einfach nicht mehr“. Die Postkarte hat eine verzweifelte Lehrkraft geschrieben und an den Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) geschickt. Anlass war der „Aktionstag Lehrermangel: So nicht!“. „Wir haben fast 20 000 Postkarten erhalten“, sagte BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann am Montag in München. „Für mich ist aber nicht die Quantität, sondern die qualitativen Aussagen jedes einzelnen Kollegen beziehungsweise jeder Kollegin entscheidend.“
Kultusminister Michael Piazolo hatte Mitte Januar ein Maßnahmenpaket gegen den Lehrermangel an bayerischen Grund- und Mittelschulen vorgestellt. Das beinhaltet etwa die umstrittene Stunde Mehrarbeit. Von den Maßnahmen haben viele Lehrer aber erst über die Presse erfahren. Das sehen die Lehrer und der BLLV als Zeichen von geringer Anerkennung. „Es muss wieder mehr Wertschätzung von der Politik kommen“, sagte Fleischmann. Und auch die anwesenden Bezirksvorsitzenden der einzelnen Regierungsbezirke waren sich darin einig.
Mittlerweile gibt es laut Fleischmann Fälle, in denen Lehrer von der Gesellschaft geächtet werden, weil sie sich gegen die Maßnahmen starkmachen. „Es gibt Kollegen, die beim Metzger mit den Worten ,Sag mal, du warst beim Streiken, wegen einer Stunde Mehrarbeit – ich lache mich tot’ angegriffen werden“, sagte die Präsidentin. Zusammen mit den Bezirksvorsitzenden brachte sie die Postkarten im Anschluss an das Pressegespräch in das Kultusministerium. Der Termin war nicht öffentlich.
Danach ließ Michael Piazolo über eine Mitteilung verlauten: „Ich weiß, wie viel unsere Lehrkräfte für ihre Schüler leisten. Mir ist bewusst, dass die Maßnahmen zur Sicherung der Unterrichtsversorgung von den Lehrkräften einiges abverlangen.“ Für die Postkarten und die Rückmeldungen bedankte er sich, denn es sei ihm wichtig, mit Lehrkräften und Lehrerverbänden im Dialog zu stehen. Das räumte sogar Simone Fleischmann ein: „Michael Piazolo hat ein großes Interesse daran, was uns Lehrer umtreibt.“ Zusätzlich zu den Zwangsmaßnahmen appellierte Piazolo noch mal an die Lehrer. Sie sollen einen freiwilligen Anteil, wie etwa mit einem späteren Eintritt in den Ruhestand, zur Sicherstellung der Unterrichtsversorgung leisten. Gerd Nitschke, BLLV-Bezirkschef von Oberbayern, kennt das Problem. „Viele fragen sich: Wie kann ich diese Belastung leisten?“ Der BLLV rechnet damit, dass immer mehr Krankheitsfälle hinzukommen werden.
Rückendeckung bekommt der BLLV von der SPD Landtagsfraktion. Simone Strohmayr, die bildungspolitische Sprecherin, erklärte in einer Pressemitteilung: „Das Lehrpersonal muss wertgeschätzt werden und darf nicht alleine die Versäumnisse der Staatsregierung ausbaden müssen.“