München – Das „GLKrWG“ hat Antworten auf die irrsten Fragen. Was tun, wenn zwei Bürgermeister-Kandidaten exakt die gleiche Stimmenanzahl haben? Oder drei? Wenn alle Bürger leere Zettel abgeben? Wenn ein Kandidat ganz kurz vor der Wahl ins Gefängnis muss? Nur ein Fall schien den Vätern des Wahlgesetzes für Bayerns Kommunalwahl zu verwegen: Was tun, wenn wegen eines Virus kein Wähler vor die Tür mag?
Jetzt ist dieser Fall Realität. Für die Stichwahl zu hunderten Landräten und Bürgermeistern in zwei Wochen will der Staat keine Wahllokale mehr öffnen. Mit Sonderregeln und Ausnahmen soll im aktuellen Katastrophenfall jetzt erstmals in Bayerns Geschichte eine reine Briefwahl stattfinden.
Wo immer eine Stichwahl ansteht, soll jeder Wähler automatisch die Unterlagen per Post bekommen „Wir tun alles dafür, die Mitarbeiter der Behörden und die Wähler bestmöglich vor Infektionsgefahren zu schützen“, verbreitet Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Das erleichtert die Suche nach Wahlhelfern: Die Präsenz am Sonntagabend im Wahllokal kann runtergefahren werden. Auf Gedankenspiele, die Stichwahl von 29. März auf ein, zwei Wochen später zu verschieben, lässt sich die Regierung nicht ein. Alle Unterlagen sollen schnell gedruckt und verschickt werden.
Auf Landkreis-Ebene geht es um 18 Landräte, auffällig viele (11) in Oberbayern. 16 kreisfreie Städte sind noch zu vergeben, darunter München, Nürnberg, Augsburg und Regensburg. Fast immer gibt es Duelle zwischen CSU, SPD, Grünen oder Freien Wählern. So unterschiedlich die Ausgangslage sein mag – in München führt SPD-Kandidat Dieter Reiter haushoch, Erding erlebte fast ein Patt: Richtigen Wahlkampf darf es in keinem Ort mehr geben. Die Staatsregierung hat wegen der Corona-Krise alle Veranstaltungen untersagt. Jede Kundgebung im Hinterzimmer wäre strafbewehrt, die Bühne am Münchner Marienplatz erst recht. Vermutlich wollen sich Wähler auch vom Kandidaten nichts in die Hände drücken lassen, am Bahnhof nicht, an der Haustür schon gar nicht. Der Wahlkampf werde nun verstärkt über die Tageszeitungen und im Internet abgewickelt, heißt es bei den Parteien.
Außerdem ändert sich das politische Klima angesichts der Virus-Krise – die Parteien rücken vorübergehend zusammen. Die sonst vor Stichwahlen übliche „Der kann’s nicht“-Polarisierung wirkt schräg. CSU-Chef Markus Söder hat seine Partei deshalb ausdrücklich zu Zurückhaltung aufgerufen. „Auf keinen Fall auf politische Mitbewerber eintrommeln“, verlangt er von den Wahlkämpfern.
Auch Söders Wahl-Zwischenfazit ist nicht euphorisch: „Besser als gedacht“, vor allem in den Städten. „Man hatte uns ein deutlich schlechteres Ergebnis prophezeit.“ Die Spitzenkandidaten seien gut ausgesucht worden, das Motto „jünger und weiblicher“ greife.
Die Grünen sind mit den Ergebnissen bei einigen OB-Wahlen nicht zufrieden, aber mit der Gesamtbilanz. Das Ziel von mehr als 1000 Mandaten sei erreicht. Auch die SPD äußert sich vorsichtig. Der nicht erfolgsverwöhnte Landesverband nennt sich die „Nummer zwei“ in Bayerns Kommunen und freut sich über viele Stichwahlen gerade in den größeren Orten. Landeschefin Natascha Kohnen verspricht einen „engagierten, aber fairen“ Wahlkampf für die Stichwahlen.
Auch die Freien Wähler zeigen sich zufrieden und versöhnlich. Generalsekretär Susann Enders verbreitet, man habe „die Mutter der Wahlen“ bestanden. „Kommunal sind wir stark, unsere Politik ohne schrilles Getue hat sich hier bewährt.“