Dienstag 17. März:
„Also Jungs, hört mal zu…“ sage ich nach dem Frühstück bedeutungsschwanger. „Mama und die Planwirtschaft…“, antwortet der Älteste und zwinkert mir zu. Manche Altlast lässt sich eben nicht so leicht abwerfen. Um die Attraktivität „des Plans“ zu steigern greift er mir unter die Arme: „Lass uns doch folgenden Deal machen: Wenn wir jetzt brav mit sharezone und Mebis (digitale Lernplattformen, Anm. d. Red.) arbeiten, gibt’ s zur Belohnung zwischendurch eine schöne Brotzeit – home- und handmade!“ Darauf lass ich mich ein.
Für unsere Pubertiere bräuchten wir ohnehin nur zwei Gerichte auf der Speisekarte: Müsli und Nudeln. Dabei ist die Reihenfolge der Einnahme egal, gerne auch beides hintereinander und es spielt keine Rolle, welche Tageszeit es ist. Von beidem haben wir genügend im Vorrat, was bei unseren Jugendlichen für ruhigen Blutdruck sorgt. Für die Brotzeit hab ich dann immerhin die Chance, was anderes unterzujubeln, Obst zum Beispiel. Obst mit Nudeln. Das wäre eine Win-win-Situation.
Alle Dienstleistungen sind nun gefordert, kreativ zu werden, so auch die Musikschule. Der Gitarrenlehrer bietet Videounterricht an und ist guter Dinge, dass es so gut funktionieren könnte. Wir sind gespannt auf dieses Experiment. Tatsächlich lassen sich die Instruktionen gut umsetzen und die Eltern können auch mal miterleben, wie so eine Unterrichtsstunde abläuft. Yin und Yang – in jedem Schlechten liegt auch was Gutes.
Mittwoch 18. März:
Wir befinden uns in einer komfortablen Situation, denn wir haben Platz. Mein Mitgefühl gilt den Familien mit wenig Ausweichraum in der Wohnung und keinem Garten. Auch die Familien mit kleinen Kindern bedauere ich, weil diese sicher raus zum Spielen mit Freunden wollen und noch keine Einsicht zeigen können. So geht es auch meiner Schwester mit ihren drei Mädchen. Sie lebt in Nord-Norwegen und erträgt auch dort den totalen „Lockdown“, wie sie schreibt. „Hoffentlich fährt die Schneeräumung weiterhin. Sonst sind wir total von der Außenwelt abgeschnitten!“. Und: „Immerhin werden wir nicht verhungern, Papa war mit der Kleinsten fischen“, schreibt sie mit Bild vom Fang. Wir fischen hier maximal Klopapier, schreibe ich zurück mit Zwinkersmiley.
Zum Glück gibt es die sozialen Medien, denke ich. Irgendwie ist es tröstlich, dass es allen so geht und geteiltes Leid ist ja bekanntlich halbes Leid ist. Daher schlage ich den Jungs vor, mit ihren Freunden mal richtig ausführlich zu telefonieren. Sie winken müde ab: „Das ist eher was für die Generation 40plus“. Stimmt. Wir haben das früher stundenlang gemacht. Es fällt ihnen äußerst schwer, sich nicht verabreden zu dürfen. Es zeigt sich, dass Verzicht und Rücksichtnahme in der Praxis jedem von uns viel abverlangt.
Außerdem ist ihr Bewegungsdrang riesig. Sonst machen sie viel Sport, jetzt höchstens E-Sport. Und sie sitzen ganz viel. Hm, dazu sollte uns also auch noch etwas einfallen.
Donnerstag, 19. März:
Heute habe ich zwischen Homeoffice und Abendessen angefangen, den Keller aufzuräumen. Was ich da alles entdeckt habe! Kontoauszüge von 2009 und eine Anmeldung zum Babyschwimmen unseres Jüngsten (er ist 13!) Eigentlich war das mein Plan für die Osterferien, jetzt kann ich es mit Muße tun. Ich muss nicht fertig werden und kann Pausen machen, läuft alles sehr entschleunigt. Ich finde ein paar Schätze und bringe sie als „Nachspeise“ mit nach oben. Wir lesen uns gegenseitig die gut gehüteten Wunschzettel von 2008 vor und lachen Tränen…