Starnberg – Es hat frisch geschneit, ein eisiger Wind weht, und dennoch trotzen ein paar Spaziergänger und Jogger am Sonntagmorgen auf der Seepromenade in Starnberg dem späten Wintereinbruch. „Es ist eine bedrückende Stimmung“, sagt Regine Drexler (54), die mit ihrem Mann Harald (51) am See entlang joggt. Einfach mal raus und Sport machen, das muss sein – und das darf auch sein. Grüppchen sieht man keine, nur Menschen, die alleine oder zu zweit unterwegs sind.
Das mag auch an dem Temperatursturz liegen, mit dem die Ausgangsbeschränkung zusammenfiel. In der Woche davor herrschte am Seeufer dagegen viel Trubel – es waren vor allem junge Leute, die sich dort trafen und feierten, trotz der Covid-19-Pandemie. Polizei-Dienstgruppenleiter Simon Scholz hatte Donnerstagnacht noch viele Einsätze. „Es waren so viele, dass die Allgemeinverfügung beinahe unausweichlich war“, sagt der Polizist. Zum Glück allerdings zeigten sich die meisten Jugendliche einsichtig und trollten sich, nachdem die Polizisten sie dazu aufforderten. „Aber es sind ja immer drei bis vier darunter, die meinen, die Gefahr betrifft sie nicht“, sagt Scholz am Sonntag. An diesem Tag war es ruhig. Scholz hofft, dass es so bleibt, auch wenn das Wetter wieder schöner wird. „Ich hoffe, jetzt haben es endlich alle Kapiert. Und wenn nicht: Im Ernstfall werden wir hart durchgreifen“, sagt der Polizist. Am Sonntag aber war das kaum nötig. es blieb auch am Nachmittag ruhig. Nur vor einer Eisdiele standen die Menschen zu dicht in der Schlange.
Überhaupt klappte es mit der Ausgangsbeschränkung in Bayern fast überall relativ gut – mit Ausnahmen: In München etwa überprüften die Beamten bis Sonntagfrüh 5300 Personen und stellten über 160 Verstöße fest. Im Einsatzbereich des Polizeipräsidiums in Ingolstadt gab es in der Nacht auf Sonntag mehrere Einsätze, die Beamten lösten dort eine Party mit 15 Gästen auf.
Die Polizei in der Oberpfalz vermeldete nach weit mehr als 1000 Kontrollen bis Sonntagfrüh 82 Verstöße. Dies sei eine geringe Zahl angesichts einer Bevölkerung von 1,1 Millionen Menschen – wenngleich ein jeder Verstoß einer zu viel ist“. Darunter waren ein Friseurgeschäft in Regensburg sowie geöffnete Sonnenstudios in den Bereichen Wernberg-Köblitz und Schwandorf. In Mitterteich (Landkreis Tirschenreuth) feierten fünf Männer im Alter von 18 bis 23 Jahren eine Grillparty und posteten ein Selfie davon im Internet. Sie erwartet nun eine Anzeige. In Bad Neustadt (Landkreis Rhön-Grabfeld) versorgte ein Wirt heimlich Gäste im unbeleuchteten Gastraum mit Bier – auch da gab es Anzeigen.
Da ging es am Starnberger See gestern ruhiger zu. Frauenärztin Regine Drexler joggte – um mal abzuschalten. Der Alltag sei zur Zeit sehr belastend, erzählt sie. Da sind die Schwangeren, die sehr besorgt sind. Das Arbeiten in der Praxis ist vielfach umständlicher geworden. Eine Angestellte fällt aus, weil sie drei Kinder hat, die sie betreuen muss. Mundschutz und Desinfektionsmittel hat sie zwar noch, aber nachbestellen konnte sie bisher keine. „Das hätte sich alles niemand vorstellen können“, sagt die 54-Jährige.
Auch Zuhause ist es nicht einfach. Ihr elfjähriger Sohn tut sich schwer mit dem Lernen Zuhause und mit der Einsamkeit. Immerhin kann er mit Freunden chatten. „Früher habe ich die ganzen technischen Geräte verflucht, aber jetzt sind sie ein Segen“, sagt die Mutter. mit dpa