München – In fünf Jahren soll in allen staatlichen Kantinen Bayerns ein Warenanteil von mindestens 50 Prozent aus regionaler oder biologischer Erzeugung angeboten werden. So hat es die Staatsregierung im Januar infolge des Artenschutz-Volksbegehrens beschlossen. Bis zum Jahr 2030 sollen weitere kommunale und öffentliche Träger etwa bei Kindergärten und Schulen mit derselben Quote folgen. Ein ambitioniertes Ziel, wie ein Bericht des Landwirtschaftsministeriums im Agrarausschuss des Landtags gestern zeigte.
„Die allerwenigsten Kantinen wissen, wie viele Produkte aus Bayern sie überhaupt einkaufen“, betonte Ministerialrätin Angelika Reiter-Nüssle. Deshalb müsse man in vielen Einrichtungen zu allererst bei der Einkaufsanalyse ansetzen. Dabei will das Ministerium mit Coachings helfen – derzeit würden rund 200 Einrichtungen jährlich geschult. Das Haus von Agrarministerin Michaela Kaniber (CSU) schätzt die Zahl der Einrichtungen mit Gemeinschaftsverpflegung im Freistaat auf rund 22 000 mit etwa 1,8 Millionen Mittagessen täglich. Den größten Anteil daran haben Betriebsrestaurants, danach folgen Kitas, Schulen, Seniorenheime und Krankenhäuser.
Bei der Umsetzung des 50-Prozent-Ziels hätten die Kantinenträger durchaus Möglichkeiten, betont Reiter-Nüssle. Die weit verbreitete Annahme, dass bei einer Ausschreibung immer der günstigste Anbieter den Zuschlag bekommen müsse, sei falsch. Hierzu hat das Ministerium einen Leitfaden entwickelt, mit dem die Einrichtungen ermutigt werden sollen, bei den Ausschreibungen auch auf Qualitätskriterien zu achten. So könnten etwa Faktoren wie ein Anteil an ökologischen Lebensmitteln oder eine Begrenzung im Einsatz von Fertigprodukten durchaus als Mindestanforderung in der Ausschreibung verankert werden. Auch eine Forderung des Trägers nach bestimmten Gütezeichen, wie etwa dem bayerischen Bio-Siegel, lasse das EU-Recht zu. Bei den Siegeln der verschiedenen Bio-Verbände dagegen sei es schwieriger, weil diese wegen der verpflichtenden Verbandszugehörigkeit nicht für alle Produzenten frei zugänglich seien.
Teil des Coachings für die Kantinen ist laut Reiter-Nüssle auch die Preiskalkulation. „Die Einkaufsdifferenz von konventioneller zu Bio-Ware wird häufig überschätzt“, sagt Reiter-Nüssle. Zudem sei ein pauschaler Umrechnungsfaktor von Einkaufs- zum Verkaufspreis, der Bio-Produkte erheblich teurer und somit in einigen Fällen unattraktiv für die Kantinenbesucher macht, teilweise verfälschend – weil oft auch höhere Personalkosten eingepreist werden, die aber gar nicht gegeben seien.
Große Sorgen macht dem Ministerium allerdings die aktuelle Corona-Lage. „Wir wissen nicht, wie die Kantinen diese Phase der Schließung überstehen werden.“ Um die Lage etwa für die Schul-Caterer zu verbessern, überlege das Kultusministerium bereits, ob Mitnehm-Angebote nicht wieder erlaubt werden sollten. Klar sei aber: „Die Szene wird sich verändern.“ dg