München/Ebersberg – Die Corona-Krise hat das ohnehin komplizierte Verfahren des Übertritts nach der 4. Klasse in die weiterführenden Schulen durcheinander gebracht. Als die Schulen am 13. März schlossen, waren noch nicht alle Proben geschrieben, die normalerweise zur Notenberechnung notwendig sind. Das macht jetzt Probleme.
In der 4. Klasse einer Grundschule im Landkreis Ebersberg zum Beispiel fielen je eine Probe in Mathematik, Deutsch sowie Heimat- und Sachuntericht (HSU) aus. Auf diese hatten die Eltern von Kilian H. (Name der Red. bekannt) große Hoffnungen gesetzt – denn der Zehnjährige stand zuletzt auf der Kippe. Er stand in allen drei Fächern zwischen 2,7 und 2,9 und hatte sich schon auf ein Referat in HSU vorbereitet, um seinen Schnitt zu verbessern und so den Sprung auf die Realschule zu schaffen. Das ist mit einem Schnitt von 2,66 oder besser möglich.
Dann aber wurden im März die Schulen geschlossen. Zunächst hatte das Kultusministerium zugesichert, dass ausgefallene Proben freiwillig nachgeschrieben werden könnten. Doch diese Zusicherung wurde verworfen, als sich die Dauer der Schulschließung immer länger hinzog. „Das Abhalten freiwilliger Probearbeiten ist leider nicht mehr möglich“, heißt es nun auf der Homepage des Ministeriums. Die Zeit sei schlicht zu knapp, da die Viertklässler derzeit noch immer nicht in der Schule sind. Auch wenn das wie zu erwarten ab 11. Mai wieder der Fall ist, will man die Grundschüler nicht gleich mit Proben konfrontieren. Sie sollen „Zeit zum Ankommen“ erhalten, sagt ein Sprecher des Ministeriums.
Maria und Florian H., die Eltern von Kilian, sind darüber empört. Hier werde „die Chancengleichheit missachtet“, sagt Florian H., der einen Beschwerdebrief an das Kultusministerium geschrieben hat. Er vermisse hier das „Fingerspitzengefühl“, da Schülern mit sehr knappen Ergebnissen und erkennbaren Leistungssteigerungen der Lohn ihrer Mühen verwehrt bleibe.
Als einzige Möglichkeit verbleibt dem Schüler nun der Probeunterricht. Drei Tage lang kann er Ende Mai probehalber in die Realschule gehen, wo er auf Herz und Nieren getestet wird – die Anforderungen sind in der Regel durchaus happig. Neben Unterrichtsgesprächen, wo das Wissen des Buben abgeklopft wird, stehen auch vier Proben an. Die Lehrer seien angewiesen, „der Corona-Situation Rechnung zu tragen“, versichert das Kultusministerium. Alternative Forderungen, auf den Probeunterricht zu verzichten und dafür zum Beispiel einmalig den Notenschnitt für den Übertritt ausnahmsweise zu senken, werden abgelehnt.
„Natürlich bereiten wir uns auf den Probeunterricht vor, trotzdem finde ich das schon traurig“, sagt die Muter Maria H. unserer Zeitung.
DIRK WALTER