MASSGESCHNEIDERT

Sonntagmorgen

von Redaktion

Sonntagmorgen – i lieg no im Bett. So singt ein AIIgäuer Liedermacher, und ich vollzieh es genüsslich nach. Ein Sonnenstrahl fällt durch das Fenster, malt einen hellen Streifen an die Wand. Ungehalten zwicke ich die Augen zu. Geschirrklappern kommt aus der Küche, Kaffeehaferl und Untertassen maulen: Faulpelz, steh endlich auf, oder willst du deine fleißige Frühstücksbereiterin allein vor dem Guglhupf sitzen lassen? Und wenn schon! Wohlig dehne und recke ich mich unter der Decke, bevor ich sie mir ganz über den Kopf ziehe. Nach dem unerbittlichen sechsmaligen morgendlichen Diktat „Raus aus den Federn!“ will ich wenigstens am Sonntag einmal richtig ausschlafen! Am siebten Tage aber sollst du ruhn, heißt es so nicht schon in der Schöpfungsgeschichte? Er selber ist also dafür, der Herrgott, dass wir ihn am Sonntag einen guten Mann sein lassen.

Oder doch nicht? Von ferne kommt Kirchturmgeläut. Die wievielte Stunde schlägt sie mir, die Glocke, vielleicht schon die neunte? Oder ist’s eher eine schwingende Aufforderung zum Kirchgang? Soll ich meine Schräglage vielleicht doch besser beenden? Auf der Straße vermeine ich Schritte zu hören. Die Aktiven sind bereits unterwegs. Ob sie am Ende mehr vom Sonntag haben werden als ich? Für ein paar Minuten sacke ich weg, träume mich in eine Waldlichtung, durch die sich ein kleiner Bach schlängelt. Ich knie mich nieder, um mit den Händen Wasser zu schöpfen, einen kühlen Schluck zu tun. Da fällt mir plötzlich Siegfried ein, der Drachentöter, und dazu der grimme Hagen, der den arglosen Helden in gleicher Situation hinterrücks meuchelte. Erschrocken drehe ich mich um – und wache auf.

Gerade bin ich wieder beim Einnicken, da ist eine Krähe so unsensibel, von einem nahen Baum in mein Schlafgemach zu krächzen. Gibt es denn hier in der Nähe keine Vögel mehr, die flöten oder jubilieren, wie es sich für einen Sonntagmorgen gehört? Der vorlaute Krakeeler ist gewiss schon um sieben ins Nest gegangen, weil er gar so munter ist. Und ich? Leider erst weit nach Mitternacht! Verdammtes Fernsehen! Am Ende noch dieser idiotische Krimi, der einen nicht aufgeklärt, sondern eher verwirrt hatte! Da waren so viele falsche Fährten gelegt worden, dass sich auch die schlaueste Sau nicht mehr ausgekannt hätte. Da soll man dann ruhig schlafen! Ein kleines VierteIstündchen gönn ich mir noch. Es pressiert doch nicht! Noch einmal dehne und recke ich mich genüsslich. Dankbar knacken die Gelenke. Das ist wohltuender als die schönste Narkose im Kreiskrankenhaus!

Aber schließlich stehe ich dann doch vor dem Spiegel und rasiere mich. Der Kaffee duftet unverschämt verlockend die Treppe herauf. Wer zu spät kommt, den bestraft laut Gorbatschow das Leben. Hoffentlich geschieht das im vorliegenden Fall nicht durch die Hausfrau, indem sie den Guglhupf aus erzieherischen Gründen bereits zur Gänze weggeputzt hat!

An dieser Stelle schreibt unser Turmschreiber

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